Kritik aus Brasilien an der Kür des Weltfußballers
Zürich (dpa) - Brasiliens Zauberfuß Neymar ist bei der jährlichen FIFA-Gala in Zürich selbstverständlich ein gern gesehener Gast. Zu einer Final-Nominierung für den Hauptpreis Ballon d'Or hat es bei der rauschenden Kür zum Weltfußballer des Jahres für ihn aber noch nie gereicht.
Das stößt im Land des Rekordweltmeisters vielen bitter auf. Der x-te Erbe Pelés habe gar keine Chance auf die renommierte Auszeichnung des Weltverbandes, lautet der Vorwurf am Zuckerhut. Die schlichte Begründung: Neymar da Silva Santos Júnior spielt beim FC Santos in Brasilien und nicht wie die Platzhirsche Lionel Messi, Cristiano Ronaldo oder Andrés Iniesta bei einem Topclub in Europa.
„Neymar muss entweder in Europa spielen oder bei der WM 2014 großartige Leistungen zeigen“, sagte der dreifache Weltfußballer Ronaldo kürzlich in Sao Paulo zu den Chancen seines Landsmanns auf die wichtigste persönliche Auszeichnung der Fußball-Welt. Als Ronaldo dies sagte, saß ausgerechnet FIFA-Präsident Joseph Blatter neben ihm und hatte keine andere Möglichkeit, als dem Weltmeister von 2002 beizupflichten. So sei nunmal die Lage der Dinge.
Der Weltfußballer wird von den Nationaltrainern und Kapitänen aller FIFA-Mitgliederländer gewählt. Seit 2010 dürfen auch internationale Journalisten ihr Votum abgeben. Die Galaauftritte von Messi und Co. sind durch die weltweite Vermarktung des europäischen Fußballs auch weltweit zu sehen. Neymars Wundertaten bleiben dem globalem Publikum oft verborgen. Die spektakulären Tore des 20-Jährigen verbreiten sich am ehesten noch auf der Videoplattform Youtube.
„Er ist der beste Spieler in Brasilien, aber in Europa ist von ihm nur wenig zu sehen. Wir kennen sein Potenzial, und er verdient es, auf der Shortlist der besten drei Spieler zu sein, aber die Welt kennt seinen Fußball nicht“, sagte Ronaldo. Er selbst gewann seine drei Goldenen Bälle 1996, 1997 und 2002, als er für PSV Eindhoven, FC Barcelona, Inter Mailand und Real Madrid spielte. Eine Lösung für Neymar laut Ronaldo: „Der kürzeste Weg wäre, für ein großes Team in Europa zu spielen.“ Gerade dagegen hat sich Neymar mit seinem Vertrag bei Santos bis 2014 entschieden.
Der Vorwurf des Eurozentrismus kann der FIFA natürlich gar nicht schmecken. Doch die Zahlen sind erdrückend. Seit Einführung der Weltfußballer-Wahl mit dem ersten Sieger Lothar Mattäus im Jahr 1991 spielten die Top-Drei alle für einen Verein in Europa. Bei den Siegern sind Profis des FC Barcelona einsame Spitze.
Ernsthaft wird niemand an der Berechtigung der Siege von Lionel Messi und Cristiano Ronaldo zwischen 2008 und 2011 zweifeln. Augenscheinlich ist jedoch, dass persönliche Erfolge oder Titel in der Vermarktungsmaschine Champions League mehr ins Gewicht fallen als Nationalmannschafts-Ehren. Der letzte Weltfußballer, der aufgrund seiner Leistungen bei einem großen Turnier gekürt wurde, war Italiens Verteidiger Fabio Cannavaro im WM-Jahr 2006.