Streit um Kapstadts WM-Stadion
Kapstadt (dpa) - Niemand bezweifelt die Faszination des Stadions von Kapstadt. Aber der teuerste Neubau für die Fußball-WM 2010 in Südafrika droht zum „weißen Elefanten“ zu werden, ein weiteres unnützes Luxusprojekt für Afrika.
Genau das hatten die Kritiker am Westkap schon früh befürchtet.
Offiziell rühmen die Verantwortlichen der Provinz den Prachtbau als „richtige Entscheidung“ und hoffen auch nach zwei Jahren Frust und Defiziten noch immer auf ein Rentabilitäts-Wunder.
Hinter vorgehaltener Hand sprechen ranghohe Politiker des Landes aber davon, dass der Weltfußballverband FIFA der Stadt die Pistole auf die Brust gesetzt habe. Entweder attraktive WM-Spiele in einem neuen Stadion am exklusiven Green Point, direkt am Meer - oder aber höchstens ein paar Gruppenspiele in modernisierten Stadien in den Arbeitervierteln Athlone oder Newlands.
„Die FIFA war nicht in den Entscheidungsprozess über das Stadion in Kapstadt involviert“, betont der Weltverband. Dennoch wird klar, dass die FIFA Bedingungen stellte. „Sie wollten ein Halbfinalspiel in Kapstadt haben, aber weder Newlands noch Athlone genügten den Anforderungen für ein Spiel auf dieser Ebene“, so die FIFA.
Am Kap wächst allerdings der Unmut. „Das Stadion wurde der Kommune Kapstadt in den Rachen gestopft“, wetterte der angesehene Publizist Terry Crawford-Browne. Nun müsse die Stadt mit dem „weißen Elefanten“ fertig werden, so Crawford-Browne in der „Times“.
Zwar wurde bei der WM das 4,5 Milliarden Rand (etwa 450 Millionen Euro) teure Glanzstück weltweit gerühmt - hier jubelte auch Kanzlerin Angela Merkel über den spektakulären 4:0-Sieg Deutschlands gegen Argentinien im Viertelfinale.
Seither aber muss die Stadt jährlich über 45 Millionen Rand an Unterhalt zahlen - nimmt aber nur etwa zwölf Millionen Rand ein. Im Stadion finden zwar Fußballspiele von Ajax Cape Town statt, aber deren Fans füllen kaum das imposante Rund mit den 55 000 Plätzen. Nur selten - wie bei Konzerten der Rockgruppen U2 und Coldplay - strömen Zehntausende in die Arena.
Das reicht finanziell vorne und hinten nicht. Die Stadt möchte nun Restaurants, Bars, Tagungsräume und Büros im Stadion ansiedeln. Allerdings gibt es Zweifel, ob man dafür genug Interessenten finde. Zudem hatte man den Anwohnern vor dem von Anfang an umstrittenen Stadionbau versichert, dass er nur für den Sport und für Veranstaltungen genutzt werde, nicht aber als Geschäftszentrum.
Manche plädieren nun, das Stadion abzureißen. Gegen solche Pläne wehren sich am Kap aber viele. „Das wäre ein Alptraum, welch eine Verschwendung. Es ist ein wundervoller Bau“, meinte der Industrie- und Handelskammer-Chef der Provinz Westkap, Michael Bagraim.
Nun präsentierte der Gewerkschaftsverband Cosatu ein originelles Konzept: Das Green Point Stadion soll zu Billigunterkünften für Arme umgebaut werden. Die Rasenfläche könnte als Gemeinschaftsgarten mit Spielplätzen, Parkbänken und Grill-Ständen genutzt werden.
Der Plan ist revolutionär. Denn in der Nachbarschaft der Arena befinden sich vor allem teure Apartmenthäuser und Hotels sowie viele Restaurants und Bars - im wesentlichen ein rein weißes Viertel.
Cosatu will genau diese Strukturen aufbrechen: Mit der Ansiedlung von Armen - die in der Regel schwarz sind - würde ein wichtiger Beitrag zur Integration geleistet, schwärmte Cosatu-Sprecher Tony Ehrenreich. „Das ist eine gute Gelegenheit für die Gründung einer afrikanischen Stadt, denn bisher ist Kapstadt so weiß wie während der Apartheid-Zeit“.