Russland-„Finale“ gegen Mexiko Tschertschessow: „Wir wissen, was zu tun ist“
Moskau (dpa) - Die Euphorie über das Comeback der russischen Fußball-Nationalmannschaft währte nur wenige Tage. Mit seinem Siegtor im Spiel gegen den Gastgeber des Confed Cups holt der skandalumwitterte portugiesische Weltfußballer Cristiano Ronaldo die Sbornaja schonungslos zurück in die Realität.
Jetzt heißt es Endspiel für Russland in der letzten Gruppenpartie am Samstag gegen Mexiko. „Dies wird für uns und für die anderen eine Art Finale“, betont Russlands Trainer Stanislaw Tschertschessow. Doch den Optimismus lässt sich der stämmige Ex-Bundesligaprofi von Dynamo Dresden durch das 0:1 gegen Portugal nicht nehmen. „Es gibt nichts Besseres, als wenn etwas von einem selbst abhängt“, sagt er. „Wir wissen, was zu tun ist.“
Mit einem Sieg in der Wolgastadt Kasan wäre Russland aus eigener Kraft sicher im Halbfinale. Rein rechnerisch könnte auch ein Unentschieden reichen, doch dann müsste Portugal gegen den bereits ausgeschiedenen Außenseiter Neuseeland verlieren - ein Szenario, auf das Experten nicht spekulieren wollen.
Der 2:0-Auftakt-Sieg gegen Neuseeland vom vergangenen Samstag hatte die Debatten um die Sbornaja nach Monaten scharfer Kritik zunächst beendet. Tschertschessow konnte sein Team ohne die fast zur Routine gewordene Hysterie auf das Spiel gegen Ronaldo und Co vorbereiten. Doch mit der Niederlage und dem sichtbaren Klassenunterschied weht ihm der Wind wieder stärker ins Gesicht. Vor allem die defensive Start-Aufstellung stößt Kommentatoren bitter auf. „Wir müssen den Angriff stärken“, fordert etwa Ex-Nationaltrainer Boris Ignatjew. Ist die Schonzeit schon wieder vorbei?
Tschertschessow gibt sich unbeeindruckt. Gewohnt nüchtern sagt er: „Ich glaube an unseren Plan. Ich denke immer noch, dass er richtig war. Unser Problem war nicht, dass wir zu wenige Stürmer auf dem Platz hatten. Sondern, dass wir zu viele Bälle in der Mitte verloren haben.“ Mittelfeldmann Denis Gluschakow räumt ein, in der ersten Hälfte hätten sie zu viel Respekt vor dem Europameister gehabt.
Torwart Igor Akinfejew hatte sich sein 100. Länderspiel wohl anders vorgestellt. Beim frühen 0:1 (8. Minute) durch einen Kopfball von Ronaldo machte der Jubilar eine unglückliche Figur. „Das Gegentor war zu 80 Prozent mein Fehler“, räumt der Kapitän etwas zerknirscht ein. Doch dass die Niederlage nicht höher ausfiel, ist auch ein paar starken Paraden des 31-Jährigen zu verdanken.
„Der Kampf wäre ausgeglichen gewesen, wäre da nicht Cristiano Ronaldo gewesen“, kommentiert die Zeitung „Rossijskaja Gaseta“. Ronaldos Steueraffäre rückt dabei angesichts seiner spielentscheidenden Leistung in den Hintergrund. Auch Tschertschessow zollt dem Weltfußballer Respekt. „Wir haben nicht auf Ronaldo aufgepasst“, sagt er. „Wir haben zugelassen, dass der Ball in den Strafraum kam. Und wir haben zugelassen, dass er dort zum Kopfball kam. Aber das war nicht bloß unser Fehler. Das zeigt auch seine Qualität.“
Dennoch habe das Spiel ohne einen einzigen russischen Torschuss gegen die technisch überlegenen Europameister offenbart, woran es der Sbornaja mangelt, urteilt der „Sport-Express“: „an deutlichen Momenten, Effektivität und Genauigkeit, das heißt an Weltklasse“. Zwar schätzt das Fachblatt die Chancen auf einen Sieg gegen Mexiko auf weniger als 50 Prozent, doch die zweite Halbzeit habe auch ein wenig Hoffnung keimen lassen. „Dieses Gefühl lässt hoffen, dass ein Wunder in Kasan möglich ist.“