Ungewöhnliches Krisen-Derby: Chelsea vs. Arsenal

London (dpa) - Sogar US-Regisseur Spike Lee kommentierte den Zustand seines Lieblingsclubs FC Arsenal: „Sie müssen Geld in die Hand nehmen und einige Spieler holen“, forderte Lee unter der Woche.

Aber Wortmeldungen von Gunners-Edel-Fans wie auch Golf-Star Ian Poulter oder Langstrecken-Doppel-Olympiasieger Mo Farah sind harmlos, verglichen mit der Unruhe beim Londoner Derby-Gegner: Dem FC Chelsea. Das Boulevardblatt „Sun“ verpasste Interimscoach Rafael Benítez den Beinamen „Boo-nitez“ (Buh-nitez). Ob der angezählte Spanier wenigstens einmal durchgeatmet hat, weil der FC Bayern ihm die Pep-Guardiola-Bedrohung vom Hals schaffte?

Wohl nur einen Moment. Gunners-Trainer Arsène Wenger zeigte gar Mitleid wegen des „negativen Umfelds“. „Ich habe Mitgefühl mit jedem Trainer“, so der schmähruf-erfahrene Wenger, „aber nur bis zu dem Tag, an dem ich gegen ihn spiele. Dann geht das Mitgefühl weg - und kommt nach dem Spiel wieder.“ Er hat ja wahrlich genug eigene Sorgen mit dem seit siebeneinhalb Jahren titellosen Liga-Sechsten und setzt insgeheim auf die miese Stimmung an der Stamford Bridge und die eklatante Heimschwäche der Blues.

Von sieben Pflichtpartien an der „Bridge“, wie die West-Londoner ihre Spielstätte schlicht nennen, gewannen sie unter Benítez nur zwei. Eines Champions-League-Siegers unwürdig waren die jüngsten drei Heimauftritte: 0:1 gegen Schlusslicht Queens Park Rangers, 0:2 im Ligapokal-Halbfinal-Hinspiel gegen Swansea City, 2:2 gegen Aufsteiger FC Southampton (nach 2:0-Führung). Benítez scheint sich an Floskeln wie Strohhalme zu klammern. Für das Derby forderte der Taktikfuchs nun: „Das nächste Spiel muss anders sein.“

Doch bei Platz drei mit 13 Punkten Rückstand auf Manchester United und sechs auf Manchester City fragt man sich zurecht, was unter Benítez denn besser geworden sein soll als unter Vorgänger Roberto Di Matteo. Hoffnungsträger ist derzeit der Ex-Hoffenheimer Demba Ba, für die Blues in drei Pflichtspielen dreimal erfolgreich, der zuletzt den Vorzug vor Benítez-Ex-Musterschüler Fernando Torres bekam. Und was macht Marko Marin? Der twitterte von einem NBA-Basketballspiel in der 02-Arena - bei Chelsea droht der Dauer-Bankdrücker dagegen endgültig zum Flop zu werden.

Bei den Gunners machen gerade Per Mertesacker und Lukas Podolski - sonst unumstrittene Leistungsträger der Saison - kleinere Zwischentiefs durch. Podolski wurde bei der 0:2-Heimpleite gegen Manchester City zu Beginn dieser wichtigen Woche in der 57. Minute ausgewechselt, beim 1:0-Arbeitssieg gegen Swansea City im FA-Cup-Wiederholungsspiel saß er nur auf der Ersatzbank.

Das rot-blaue Stadtduell verspricht so oder so Hochspannung, wie der Liga-Vergleich an der Stamford Bridge zeigt: 25 Chelsea-Siege, 25 Arsenal-Siege, 25 Remis. Mut macht Arsenal das 5:3 bei Chelsea in der Vorsaison - mit Matchwinner Robin van Persie, der so sehr fehlt im Sturmzentrum. Der für seine zögerliche Transferpolitik gescholtene Wenger hat im Januar noch nicht einen einzigen Spieler verpflichtet und liebäugelte nun mit einem echten Coup: Edinson Cavani vom SSC Neapel. „Cavani ist ein Spieler, den ich mag“, sagte Wenger. „Wird er eine Menge Geld kosten? Das ist sicher. Unser Bänker wohnt im Moment genau neben mir und er steht bereit, wenn wir den richtigen Spieler finden.“ Spike Lee würde es freuen.