Weltmeister Khedira bei Real vor schwierigen Zeiten
Cardiff (dpa) - Gut gelaunt war Sami Khedira nicht. Mit finsterer Miene stieg der Fußball-Profi von Real Madrid vor dem Abschlusstraining zum europäischen Supercupfinale aus dem Mannschaftsbus und verschwand grußlos im Spielertunnel.
Beim folgenden Schaulaufen im Stadion von Cardiff City spielte er eine Nebenrolle und beendete die Einheit knapp zehn Minuten vor seinen Kollegen. Im Duell des Champions-League-Siegers gegen Europa-League-Gewinner FC Sevilla gehörte Khedira nicht einmal zum Kader. Der Ex-Stuttgarter steht bei Real vor schwierigen Zeiten. Ein Abschied scheint möglich. Der Platz im Rampenlicht der Königlichen ist knapp - auch für einen Weltmeister.
Seit Tagen kursieren Gerüchte über die Zukunft Khediras. Genau wie Angel di María gilt er als ein Kandidat für einen Wechsel noch in diesem Sommer, obwohl sein Vertrag erst 2015 endet. Eine Verlängerung soll bisher an zu hohen Gehaltsvorstellungen des 27 Jahre alten Mittelfeldspielers gescheitert sein. Spanische Medien berichten, er habe bereits eine Offerte von Real abgelehnt. Experten meinen, er plane seinen Abschied. Seine Villa in der Luxus-Siedlung La Finca, gut eine halbe Stunde vom Stadtzentrum entfernt, steht angeblich bereits zum Verkauf.
Khediras Position bei den Madrilenen hat sich nach der Verpflichtung von Toni Kroos und WM-Torschützenkönig James Rodríguez nicht gerade verbessert. Coach Carlo Ancelotti würde ihn zwar gerne behalten, auch wenn durch die Konkurrenz von Xabi Alonso, Luka Modric, Kroos, Rodríguez oder Asier Illarramendi im Mittelfeld kaum ein Platz für ihn übrig ist. „Selbstverständlich. Ich gehe davon aus, dass er bei Real bleibt“, sagt Khediras Berater Jörg Neubauer. Ob sein Spieler das möchte, ist unklar.
Sollte ein vorzeitiger Wechsel nicht zustande kommen, könnte Khedira - so wird in der spanischen Presse spekuliert - darauf setzen, in einem Jahr ablösefrei zu wechseln. Nachdem Arsène Wenger vom FC Arsenal zuletzt erklärte hatte, dass die Gunners kein Interesse an einer Verpflichtung haben, meldeten englische Medien, José Mourinho hätte sich bereits persönlich bei Khedira gemeldet und ihm einen Wechsel zum FC Chelsea angeboten - allerdings erst nach dem Ende seiner Vertragslaufzeit. Beide haben ein gutes Verhältnis. „Er hat mir die Tür zum Weltfußball geöffnet“, hat Khedira mal über seinen Ex-Coach gesagt.
Real würde das Aussitzen des Vertrags aber wohl kaum tatenlos hinnehmen. Präsident Florentino Pérez will nicht riskieren, den DFB-Kicker nach der Saison ablösefrei ziehen lassen zu müssen. Nach Informationen der Zeitung „ABC“ hat Real Khedira bereits damit gedroht, dass er nur noch Ersatzspieler sein werde, wenn er weder eine Vertragsverlängerung noch einen Transfer akzeptieren würde. „Khedira - ein Weltmeister auf der Ersatzbank“, titelte das Blatt kürzlich. Laut „El Confidencial“, habe man Ancelotti bereits nahegelegt, Khedira nur noch im Notfall einzusetzen.
Der Coach reagierte in Wales genervt auf Fragen zu dieser Personalie und hielt sich strikt ans Protokoll: „Khedira ist ein Spieler von Real Madrid, denn er hat einen Vertrag bis zum 30. Juni 2015“, sagte der 55-Jährige: „Er arbeitet, um Real dabei zu helfen, Titel zu gewinnen.“
In Cardiff wird Ancelotti zum ersten Mal seine neue Formation auf den Rasen schicken - mit Kroos, Rodríguez und Lokalmatador Gareth Bale in den Hauptrollen. Im mehr als 600 Millionen Euro schweren Ensemble, dem teuersten der Club-Geschichte, ist selbst Weltfußballer Cristiano Ronaldo nur noch ein Teil des großen galaktischen Ganzen - von Khedira ganz zu schweigen.