WM-Gastgeber Russland bangt um EM-Teilnahme

Moskau (dpa) - Im Kampf um das Ticket für die Fußball-EM 2016 entscheidet sich Russlands Schicksal buchstäblich in der Zukunft.

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Die Nationalmannschaft des kommenden WM-Gastgebers tritt am Freitag im Qualifikationsspiel gegen Verfolger Montenegro an. Schauplatz des Schlüsselspiels ist das Stadion von Montenegros Hauptstadt-Club FK Budućnost Podgorica - Budućnost bedeutet Zukunft. Dass die Zukunft der Sbornaja an diesem Spiel hängt, ist auch für den ehemaligen Karlsruhe-Profi Sergej Kirjakow gewiss: „Das wird das entscheidende Spiel für uns. Wir müssen unbedingt drei Punkte holen“, sagte er der Zeitung „Rossijskaja Gaseta“.

Nach vier Qualifikationsspielen liegen Russland und der Balkanstaat Montenegro mit je fünf Punkten gleichauf und kämpfen mit Schweden (6 Punkte) um Tabellenplatz zwei in der Gruppe G. Österreich hat als souveräner Gruppenerster mit zehn Punkten bereits Kurs auf die EM in Frankreich genommen. Platz drei reicht eventuell noch für die direkte Qualifikation oder einen Playoffplatz.

Das Vertrauen in Nationaltrainer Fabio Capello hat zuletzt stark gelitten. Seit dem Vorrunden-Aus bei der WM in Brasilien steht der Italiener in der Kritik. Zudem vergiftet ein Streit ums Geld Capellos Verhältnis zum russischen Fußballverband (RFS). Acht Monate lang bekam der hoch bezahlte Italiener kein Gehalt. Beobachter vermuteten dahinter eine Kampagne, um ihn loszuwerden. Der Verband nannte stattdessen ein „Haushaltsdefizit“ als Grund für den Zahlungsrückstand.

Im Interview der Zeitung „Sowjetski Sport“ spielt Don Capello den Zwist ums Geld herunter: „Wenn mir mein Gehalt so wichtig wäre, hätte ich mich an die FIFA wenden können. Aber das habe ich nicht getan.“ Letztlich sprang im Februar der Milliardär Alischer Usmanow ein und beglich die Schulden des RFS. Der 61-jährige Geschäftsmann gilt dem Magazin „Forbes“ zufolge derzeit mit einem Vermögen von 18,6 Milliarden Dollar als reichster Russe.

Geldsorgen belasten auch die Vorbereitungen zur WM 2018, dem Prestigeprojekt des sportbegeisterten Kremlchefs Wladimir Putin. Wegen der schweren Wirtschaftskrise hat Russland das WM-Budget um zehn Prozent gekürzt, denn der niedrige Ölpreis reißt ein riesiges Loch in das Staatsbudget der Rohstoffmacht.

Die rigide Sparpolitik wirkt sich vor allem auf Bauprojekte rund um die WM aus. So sollen etwa Stadien kleiner ausfallen und weniger Trainingsplätze gebaut werden. In Städten wie Rostow und Kaliningrad berichteten Medien bereits von Verzögerungen und Kostenexplosion.

Experten erwarten, dass die Vorbereitungen für das Fußballfest in drei Jahren mehr als 30 Milliarden Euro kosten werden. Das wäre etwa doppelt so viel wie bei der WM 2014 in Brasilien. Schon die Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014 waren mit 37,5 Milliarden Euro teurer als erwartet. Bereits damals setzte der Kreml auf Finanzhilfe von Russlands Milliardären wie Chelsea-Mäzen Roman Abramowitsch.

Zudem sorgen Debatten um einen möglichen Boykott der WM wegen der Ukraine-Krise für Irritation. Der ukrainische Staatschef Petro Poroschenko hatte als Strafe für Russlands Unterstützung für Separatisten im Donbass den Boykott gefordert. FIFA-Chef Joseph Blatter wischt solche Rufe vom Tisch: „Die WM wird 2018 in Russland stattfinden. Ein Boykott hat noch nie zu etwas geführt.“

Für Trainer Capello und sein Team sind die WM-Probleme noch in weiter Ferne. Jetzt geht es darum, den von Ausfällen geschwächten Kader aufzupäppeln - und junge Spieler langsam auf die erhoffte EM-Teilnahme 2016 vorzubereiten. Doch die meisten Newcomer dürften wohl erst beim Test gegen Kasachstan am 31. März ihre Chance erhalten. „Ich nehme die Jungen erst, wenn sie bereit sind“, sagt Capello der Zeitung „Sowjetski Sport“.