Zeitung: EU erwägt WM-Boykott 2018 - Blatter dagegen
Madrid (dpa) - Ein von der Europäischen Union erwogener Boykott der Fußball-WM 2018 in Russland als neue Sanktion im Ukraine-Konflikt steht nach Angaben der Bundesregierung vorerst nicht zur Diskussion.
Die WM finde schließlich erst 2018 statt, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.
Gleiches verlautete aus Brüssel. Laut Aussagen eines EU-Diplomaten ist eine derart drastische Sanktion derzeit kein Thema.
Die spanische Zeitung „El País“ hatte berichtet, dass die EU vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise einen Boykott der Fußball-WM 2018 erwägt. Dies gehe aus einer Vorschlagsliste hervor, die die EU-Kommission den Mitgliedsstaaten unterbreiten wolle. FIFA-Boss Joseph Blatter und IOC-Präsident Thomas Bach hatten sich am Vortag bereits klar dagegen ausgesprochen.
Die Frage sei nichts, was heute zu diskutieren sei, betonte Regierungssprecher Seibert. Auch sein Außenamtskollege Martin Schäfer erklärte, die EU berate zwar gerade über weitere Sanktionen gegen Russland. Es gehe dabei aber nicht um Bereiche im Zusammenhang mit der Fußball-WM.
FIFA-Präsident Blatter hatte Russland ungeachtet der Ukraine-Krise das volle Vertrauen ausgesprochen. „Wir stellen die WM in Russland nicht infrage. Wir sind in einer Situation, in der wir den Organisatoren der WM 2018 und 2022 unser Vertrauen aussprechen. Wir warten derzeit noch den Bericht der Ethikkommission ab“, bekräftigte der Schweizer Präsident des Fußball-Weltverbandes FIFA am Dienstagabend in Kitzbühel. Ein Boykott sei keine Lösung: „Das hat noch nie etwas gebracht.“
Angesichts der militärischen Intervention Russlands in der Ukraine waren zuletzt Forderungen laut geworden, die WM 2018 zu boykottieren oder das Turnier neu zu vergeben. IOC-Präsident Bach warnte vor diesem Schritt. Der Sport dürfe sich nicht verleiten lassen, den Boden der politischen Neutralität zu verlassen, sagte der Boss des Internationalen Olympischen Komitees (IOC).
Ähnlich wie Blatter hatte sich zuvor auch DFB-Präsident Wolfgang Niersbach geäußert. Der Boykott der Olympischen Spiele 1980 in Moskau habe nichts gebracht. „Er hat nur den Sportlern geschadet. Der Versuch, über den Sport auf politische Dinge Einfluss zu nehmen, ist gescheitert. Niemand von uns nimmt das Wort Boykott in den Mund und das wird auch nicht von der Politik erwartet“, sagte Niersbach.
Die geplanten neuen Strafmaßnahmen seien weitaus härter und konkreter als die bisherigen Sanktionen, betonte „El País“. Auch die Formel 1, die im Oktober in der Olympia-Stadt Sotschi ihr Russland-Debüt gibt, könnte davon betroffen sein. Die EU halte ein Einlenken Moskaus im Ukrainekonflikt für ausgeschlossen und wolle daher einen harten Kurs einschlagen.