Zwanziger kritisiert WM-Gastgeber Katar: „Krebsgeschwür“
Berlin (dpa) - Mit einem verbalen Rundumschlag hat der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger die Rolle von WM-Gastgeber Katar im Sport heftig kritisiert und auch die Bundesliga ins Visier genommen.
„Der unendliche Reichtum dieses kleinen Landes Katar breitet sich fast wie ein Krebsgeschwür über den Fußball und den Sport aus“, sagte Zwanziger der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Der Ausrichter der Weltmeisterschaft 2022 sieht sich seit der Vergabe im Dezember 2010 mit Bestechungsvorwürfen konfrontiert, bestritt diese aber stets.
„Dieses kleine Land nutzt seine wirtschaftliche Stärke, um Einfluss zu nehmen auf Entscheidungen in der Politik und im Sport“, betonte das Mitglied des Exekutivkomitee des Weltverbands FIFA. „Wenn dann bei der Vergabe der WM am Ende keine sachgerechte, sondern die schlechteste aller möglichen Entscheidungen steht, dann ist das eine große Niederlage für den Fußball.“
Zwanziger bemängelte zudem die Haltung der deutschen Clubs im Zuge der Diskussion um eine mögliche Verlegung der Austragung des Weltturniers angesichts der großen Hitze in den Winter. „Auch in Deutschland wird schon über eine Verschiebung des Spielkalenders diskutiert. Da frage ich mich: Wer macht denn in der Bundesliga seine Trainingslager in Katar?“, fragte der frühere Chef des Deutschen Fußball-Bundes. „Auch international muss man sich mal ansehen, wer alles schon dort war. Das wäre eine eigene Untersuchung wert.“ Unter anderen hatten aus Deutschland in der Vergangenheit der FC Bayern München und der FC Schalke ihr Quartier in dem Wüstenstaat bezogen.
In der Debatte um den früheren FIFA-Chef und heutigen Ehrenpräsidenten Joao Havelange hätte sich Zwanziger ein anderes Handeln des DFB und seines Nachfolgers Wolfgang Niersbach gewünscht. „Warum hat der DFB keinen Antrag auf Aberkennung der Ehrenpräsidentschaft für Havelange auf dem FIFA-Kongress gestellt? Ein solcher Antrag wäre glaubhaft. Ich hätte mir gewünscht, dass der DFB ihn stellt“, erklärte Zwanziger.
Beim kommenden FIFA-Kongress auf Mauritius am 30./31. Mai soll über einen möglichen Entzug der Ehrenpräsidentschaft von Havelange entschieden werden. Der Brasilianer soll in den Bestechungsskandal um die ehemalige Sportvermarktungsfirma ISL verwickelt gewesen sein, hat diese Vorwürfe aber stets zurückgewiesen. Niersbach hatte zuletzt betont, dass es in Umgang mit den im Rahmen der ISL-Affäre genannten Namen um „absolute Glaubwürdigkeit“ gehe.
Zwanziger hatte seinen Rücktritt als DFB-Präsident vor 16 Monaten bekanntgeben, im März 2012 war Niersbach zu seinem Nachfolger gewählt worden. Seit 2011 ist Zwanziger Mitglied der FIFA-Exekutive und führt zudem die Arbeitsgruppe Statuten an.
Der 67-Jährige bekräftigte, dass er mit dem Reformprozess in der skandalumwitterten FIFA zufrieden sei. „Es sind doch schon sieben oder acht Mitglieder der FIFA-Exekutive ausgewechselt worden“, sagte er. Zuletzt war nach dem Brasilianer Ricardo Texeira auch der unter Korruptionsverdacht stehende Spitzenfunktionär Nicolás Leoz (Paraguay) zurückgetreten. „Dass (FIFA-Präsident Joseph) Blatter nicht dabei ist, mag manche Leute ärgern“, meinte Zwanziger. „Es ist aber auch ein Zeichen dafür, dass er besser und integrer ist als sein Ruf in Deutschland.“