Islands große WM-Chance

Im Interview spricht Asgeir Sigurvinsson über Play-off-Gegner Kroatien und einen denkwürdigen Wutausbruch.

Düsseldorf. Wenn sich Island mit seinen 320 000 Einwohnern für Brasilien qualifiziert, wäre es das bevölkerungsmäßig kleinste Land, das es je zu einer Fußball-WM geschafft hat.

Vorher aber müssen sie Kroation in den Play-offs schlagen. Unsere Zeitung sprach mit Asgeir Sigurvinsson, der mit dem VfB Stuttgart deutscher Meister wurde und von 2003 bis 2005 Islands Fußballer trainierte.

Die WM-Teilnahme: Eine Aussicht, die die Isländer begeistert?

Asgeir Sigurvinsson: Auf jeden Fall. Alle freuen sich auf die Spiele gegen Kroatien. Die Zuversicht ist groß. Andererseits sind die Leute aber auch jetzt schon stolz, dass wir es in die Relegation geschafft haben.

Dabei hat Island sicher auch das günstige Los mit den Gruppengegnern Schweiz, Norwegen, Zypern, Albanien und Slowenien. . .

Sigurvinsson: Das stimmt. Deshalb haben wir auch gesagt, wenn wir diesmal den zweiten Platz nicht schaffen, dann schaffen wir ihn nie mehr.

Island ist vor allem als Handball-Nation bekannt. Was hat sich geändert, dass nun auch die Fußballer in den Fokus gerückt sind?

Sigurvinsson: So gut unsere Handballer sind — Fußball war schon immer Sportart Nummer eins in Island. Nur hatten es die Fußballer, wegen unseres rauen Klimas, immer schwer. . .

. . . das Klima auf Island ist aber nicht milder geworden.

Sigurvinsson: Stimmt. Aber inzwischen gibt es viele Hallen, in denen auch im Winter gespielt werden kann. Zu meiner Zeit gab’s im Winter nur Handball.

Wie hat sich das sportlich ausgewirkt?

Sigurvinsson: Vor zwei, drei Jahren hatten wir plötzlich eine gute U 21, die sogar Deutschland 4:1 besiegt hat. Früher hatten wir vor allem gute Abwehrspieler, aber wenig Qualität im Spiel nach vorne.

Es heißt ja, dass sich im Spiel einer Mannschaft das Wesen der Nation widerspiegelt. Wie tritt der Isländer typischerweise am Ball auf?

Sigurvinsson: Er ist von Natur aus ein Kämpfer. Wenn wir früher im Fußball etwas erreicht haben, dann immer nur über die Mannschaft. Das hat sich inzwischen ein wenig geändert. Wir haben auch fußballerische Stärken entwickelt.

Welche Rolle spielt Lars Lagerbäck, der schwedische Trainer?

Sigurvinsson: Er hat sich mit Schweden für die WM 2002 und 2006 qualifiziert. Das gibt unseren Spielern Selbstvertrauen und stärkt die Hoffnung, dass ihm dasselbe mit uns gelingt.

Wie schätzen sie den Relegationsgegner Kroatien ein?

Sigurvinsson: Kroatien hatte in den letzten Spielen Probleme. Zwei Niederlagen gegen Schottland, eine gegen Belgien. Bei denen stimmt etwas nicht.

Sie selbst waren als Trainer der isländischen Nationalmannschaft schon einmal nah dran, sich für eine EM zu qualifizieren. Damals gab es ein 0:0 gegen Deutschland. Beim anschließenden TV-Interview verlor Bundestrainer Rudi Völler die Fassung. Sein Wutausbruch schlug Wellen. Welche Erinnerung haben Sie?

Sigurvinsson: Ich hab’ zwar nicht gelacht, fand es aber lustig. Ich hatte natürlich gute Laune, im Unterschied zu Rudi. Wir hätten das Spiel sogar gewinnen können. Wenn ich mir vorstelle, was dann in Deutschland passiert wäre. . .

Sie können es erahnen, schließlich haben sie zehn Jahre Bundesliga gespielt. Acht beim VfB und nur eines beim FC Bayern. Warum?

Sigurvinsson: Als ich 1981 zum FC Bayern kam, war ich verletzt. Es hat gedauert, bis ich fit wurde. Mit dem Trainer Pal Csernai kam ich aber nicht zurecht. Ich saß häufig auf der Bank. Also habe ich das Angebot des VfB Stuttgart angenommen. Ich bin mit Stuttgart Meister geworden. Es war eine gute Entscheidung.