Laudator Hoeneß über Heynckes: Vorbild an Menschlichkeit

Mönchengladbach (dpa) - Am Ende war Jupp Heynckes den Tränen ganz, ganz nah.

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Als die Mönchengladbacher Fußball-Ikone als 33. Bürger der 266 000-Einwohner-Stadt am Niederrhein längst den Ehrenring erhalten und sich unter sanften Gitarrenklängen in das Goldene Buch eingetragen hatte, ersuchte er die 300 Feiergäste in einer höchst emotionalen Geste um einen ganz besonderen Gefallen: „Ich möchte Sie bitten aufzustehen und einen Applaus nach München zu schicken.“

Damit, so war es der ausdrückliche Wunsch des 70-Jährigen, sollten die Anwesenden den schwer erkrankten Heynckes-Freund Gerd Müller grüßen, den er an einem der wohl bedeutendsten Tage seiner Laufbahn als Fußballprofi und -trainer so herzlich gern willkommen geheißen hätte. „Ich weiß, dass er ein großartiger Fußballer, aber ein noch viel besserer Mensch war“ - so dachte Heynckes in diesen Minuten an seinen einstigen Weggefährten.

Derer waren viele gekommen, als es Heynckes zu ehren galt. Günter Netzer, Rainer Bonhof, Berti Vogts oder auch der frühere DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Allen voran aber Uli Hoeneß, ein Mann, den sich Heynckes als Laudator für den feierlichen Akt im Kaisersaal des Mönchengladbacher Hauses „Erholung“ ausbedungen hatte. „Ich bin sehr gerührt, dass ihr alle hier seid“, bekundete der mit dunklem Anzug und silbergrauer Krawatte perfekt gekleidete Heynckes seinen Dank.

Noch viel emotionaler wurde Hoeneß, als er am Podest des mit roten und gelben Blumengebinden geschmückten Saales seinen Freund Jupp würdigen durfte. „Ich möchte mich vor Deinem Lebenswerk verneigen“ - das war der zentrale Satz der Hommage, die der erst am 29. Februar aus der Haft entlassene ehemalige Bayern-Präsident auf Heynckes hielt.

Heynckes sei „ein Vorbild an Ehrgeiz, Willen - aber auch Menschlichkeit“, bemerkte Hoeneß, der ohne Manuskript sprach. Und der sich immer wieder anmerken ließen, wie sehr ihm die Familie Heynckes nach seiner Verurteilung wegen Steuerhinterziehung und der Haft beigestanden habe. Es sei „fantastisch“, dass er, Hoeneß, als Laudator gekürt worden sei, „wenn man, wie ich, einen großen Fehler gemacht und dafür gebüßt hat“.

Im Lauf der vielen gemeinsamen Jahre sei zwischen ihm und Heynckes sowie dessen Familie „eine Freundschaft für's Leben entstanden. Er war immer für mich und meine Familie da. Du bist ein Mann, auf den man sich verlassen kann.“ Und auch die Spieler, die Heynckes einst bei den Bayern betreut habe, „sind für Dich durchs Feuer gegangen“.

Dann erinnerte Hoeneß, der ebenfalls spürbar emotional war ob des herzlichen Beifalls für ihn als Festredner, an den Dreifach-Triumph mit den Bayern 2013, als die Münchner mit Chefcoach Heynckes die deutsche Meisterschaft, den DFB-Pokal und im Londoner Finale gegen Borussia Dortmund auch die Champions League gewannen: „Jupp Heynckes hat uns, den FC Bayern, zum Triple geführt.“

Heynckes sei „ein Vorbild, wie es der Fußball selten hervorgebracht hat“, ergänzte Hoeneß. Und dass ihm die Stadt Mönchengladbach erst als zweitem Sportler nach Hennes Weisweiler 1974 den Ehrenring verlieh, ist für Hoeneß etwas, das nicht zu umgehen war: „Es gibt keinen besseren Protagonisten, keinen besseren Menschen auf der Welt, der seine Heimatstadt so gut verkörpert.“

Danach gab es eine sehr innige Umarmung zwischen den Freunden, die Gäste erhoben sich und applaudierten lang. Heynckes erwiderte in seiner Dankesansprache, die Auszeichnung sei „etwas ganz Besonderes“, sie mache ihn „außerordentlich stolz“. Heynckes: „Heimat ist ein zentraler Begriff und Wert in meinem Leben. Es ist ein Lebensgefühl, das mich nie verlassen wird.“ Dann verneigte sich Heynckes und verabschiedete sich mit „einem herzlichen Dank - und bitte bleiben Sie gesund“. Ganz Mensch.