Löws Liga-Sorge - Karussell statt Kasachstan

Mainz (dpa) - Eigentlich soll im malerisch gelegenen DFB-Quartier alle Konzentration dem nächsten Gegner Kasachstan gelten. Doch das anhaltende Trainer-Tohuwabohu in der Bundesliga lässt auch Joachim Löw und seine Fußball-Nationalspieler nicht kalt.

Mit Sorge beobachtet der Bundestrainer die Lage seines Berufsstandes und fordert von Clubs wie Kollegen eine rasche Rückkehr zu Kontinuität. „Generell muss man sehen, dass die Seriosität in der Bundesliga erhalten bleibt“, forderte Löw in Mainz.

Die Nachricht vom nächsten Trainertausch bei Eintracht Frankfurt, wo Christoph Daum für den Liga-Endspurt Michael Skibbe ersetzt, überlagerte die Zusammenkunft des 22-Mann-Kaders für die anstehende Partie in der EM-Qualifikation am 26. März in Kaiserslautern gegen Kasachstan und den Test drei Tage später gegen Australien in Mönchengladbach. „Es ist viel passiert in der Bundesliga. Man muss sich schon seine Gedanken machen“, äußerte der DFB-Chefcoach.

Auch der milde Frühlingshauch um das Mannschaftshotel am Rhein konnte für Löw und Teammanager Oliver Bierhoff die rauen Realitäten nicht vertreiben. Bierhoff forderte angesichts der anhaltenden Trainerwechsel-Flut wie zuvor schon DFB-Sportdirektor Matthias Sammer neue Statuten. „Es würde der Liga gut tun, dafür Regeln zu finden“, erklärte er. So könnte die Bundesliga „ihr gutes, seriöses Image, das sie sich mit guter Arbeit aufgebaut hat“, beibehalten.

Konzept und Kontinuität waren für die sportliche Leitung des Nationalteams auch bei der kürzlich vollzogenen eigenen Vertragsverlängerung bis 2014 von Bedeutung. „Es gibt viele Wege zum Erfolg. Wir haben es diskutiert“, berichtete Bierhoff, „und man sieht, ein Ferguson, ein Wenger oder früher ein Otto Rehhagel, haben mit der Kontinuität ihren Clubs gut getan“, sagte Bierhoff.

Das Trainerthema schlägt auf der fußballerischen Erregungsskala derzeit sogar das sonst permanent beäugte Nationalteam. Hektische Betriebsamkeit kam vor dem DFB-Hotel am Dienstag nur auf, als die Nachricht vom Daum-Engagement aufkam. Zahlreiche Kamerateams wurden von Mainz nach Frankfurt beordert. Daum war plötzlich deutlich interessanter als Löw, Bierhoff & Co.

Der Bundestrainer wird alles dransetzen, trotz der Ablenkungen sein Team auf die leichten, aber nicht minder wichtigen Aufgaben in den kommenden acht Tagen einzuschwören. „Wir wollen nicht nur gut spielen und drei Punkte holen, sondern wir wollen Spielfreude vermitteln“, sagte er. Zu einer ersten Trainingseinheit versammelte Löw seinen kompletten 22-Mann-Kader zum sportlichen Aufgalopp im Sonnenuntergang im Stadion des Drittligisten Wehen-Wiesbaden.

Der erste Pflichteinsatz 2011 steht unter dem Motto Beständigkeit im Wandel. „Wir hatten schon in Südafrika eine junge Mannschaft. Wir haben jetzt einige Spieler dabei, die bei der EM 2012 oder der WM 2014 eine herausragenden Rolle spielen können“, sagte Löw.

Nach dem viel umjubelten und beachteten Platz drei bei der WM in Südafrika liegt das DFB-Team mit vier Siegen aus vier Spielen auch in der Ausscheidung für die EURO 2012 in Polen und der Ukraine voll auf Kurs. „Es geht um drei Punkte, die wollen wir einfahren“, forderte Lukas Podolski.

Vor der Pflicht gegen die in der EM-Ausscheidung noch torlosen Kasachen will Löw seinen Spielern auch die Gründe für seine langfristige Bindung bis zur WM in Brasilien genau erläutern. Die antizyklische Traineridylle beim DFB sieht der Freiburger als Vorteil. „Jetzt haben wir alle Ruhe und alle Freiheiten. Das ist für uns gut. Und der Erfolg gibt uns recht“, sagte Löw, der seine Mahnung ausdrücklich nicht als Kritik an „Einzelentscheidungen einzelner Vereine“ verstanden wissen will. „Aber über das Gesamtbild kann man nachdenken.“

Dies tun offenbar auch die Nationalspieler. Lukas Podolski, lässig bis lustig in Mickey-Mouse & Goofy-T-Shirt gekleidet, reagierte offensichtlich erstaunt über das neue Amt der anderen Kölner-Fußball-Ikone Daum. „Das ist überraschend. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Ich bin froh, dass wir in Köln einen guten Trainer haben und dass es aufwärts geht.“ Dortmunds Mats Hummels drückte aus, was wohl viele dachten: „Das hat mir schon ein leichtes Schmunzeln abgerungen. Ruhe wird in die Liga wohl erst kommen, wenn der Bayern-Trainer gefunden ist.“