Neue Anschuldigungen im FIFA-Skandal

Zürich (dpa) - Teure Gemälde, ein Stück Land für die Familie oder Millionenzahlungen an verschuldete Landesverbände - im unendlichen FIFA-Skandal um die WM-Vergaben an Russland und Katar gibt es schon wieder neue, brisante Anschuldigungen.

Die „Sunday Times“ veröffentlichte pikante Details und nannte in ihren mehrseitigen Ausführungen auch eine Reihe prominenter Namen, die mit Geld oder Geschenken bestochen worden sein sollen. „Wir hatten Erkenntnisse, dass Staaten Bestechungsgelder an FIFA-Mitglieder gezahlt haben“, sagte eine ehemalige Geheimdienst-Quelle dem Blatt zufolge. Mit Hilfe externer Spezialisten soll der englische Verband FA die konkurrierenden Bewerber ausspioniert und dabei auch auf die Expertise und Unterstützung des Geheimdienstes gesetzt haben.

Auf diese Art und Weise habe man „Informationen sammeln“ wollen, räumte die FA nach Angaben der BBC ein. In dem mehrseitigen Bericht der gewöhnlich sehr gut informierten „Sunday Times“ werden zahlreiche konkrete Korruptionsversuche durch die WM-Gastgeber Russland (2018) und Katar (2022) aufgeführt, allerdings nicht durch Beweise belegt. Die neuesten Anschuldigungen reichen demnach von millionenschweren Zahlungen an verschuldete Landesverbände bis hin zu politischem Druck auf Mitglieder des Exekutivkomitees des Weltverbandes. Dabei geht es auch skurril zu: Ein Mitglieder der FIFA-Regierung habe ein ihm überlassenes Gemälde als „absolut hässlich“ und wertlos bezeichnet.

England hatte sich um die Weltmeisterschaft 2018 beworben und war bereits im ersten Wahlgang klar gescheitert. Der jüngste Freispruch der siegreichen Kandidaten Russland und Katar durch die FIFA-Ethikkommission hatte weltweit Kritik hervorgerufen - und keinesfalls für Ruhe im korruptionsgeschädigten Fußball-Weltverband gesorgt. Im Gegenteil. Mittlerweile ermittelt die Ethikkommission mindestens gegen vier hochrangige aktuelle oder frühere Funktionäre. Übereinstimmenden Medienberichten steht dabei auch Franz Beckenbauer, ehemaliges Mitglied des FIFA-Exko, im Visier.

Die Machenschaften rund um die skandalöse Doppel-Vergabe der Weltmeisterschaften im Dezember 2010 könnten nun doch noch zu einem sportpolitischen Beben führen. DFB-Präsident Wolfgang Niersbach setzte am Wochenende Katar unter Druck. „Aus Sicht des DFB wäre es auch im Interesse Katars zielführend, einen Zeitraum zu definieren, an dessen Ende eine unabhängige Institution wie beispielsweise Amnesty International oder der Internationale Gewerkschaftsbund die Arbeitsbedingungen auf den WM-Baustellen prüft und abschließend bewertet“, sagte der Chef des Deutschen Fußball-Bundes dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Niersbach denke an eine Frist, die die FIFA dem Ausrichterland der WM 2022 setzt, etwa bis Ende 2015.

Sollten Verbesserungen in dieser Zeit nicht erreicht sein, würde die WM anderweitig vergeben, schreibt das Magazin. Ob es aber tatsächlich zu dem historischen Schritt kommt, einem vom Exekutivkomitee gewählten Land die WM wieder wegzunehmen, hängt nun von den neuen Ermittlungen ab.

FIFA-Informantin Bonita Mersiades kündigte bereits an, vor dem EU-Parlament aussagen zu wollen. Sie hoffe, „dass sich mit der breiten Unterstützung aller Mitglieder endlich eine Wende erzwingen lässt. Die FIFA ist jedenfalls nicht in der Lage, sich selbst zu reinigen“, sagte die ehemalige Chefin für öffentliche Angelegenheiten von Australiens Kandidatur der „Bild am Sonntag“. Die Bewerbungskomitees von Russland und Katar wiesen bislang jedes Fehlverhalten von sich.

Die FIFA verwies auf Anfrage auf die Zuständigkeiten in dem Verfahren. „Sämtliche Angelegenheiten in Bezug auf die 2018/2022-Untersuchung werden ausschließlich von der Untersuchungskammer der unabhängigen FIFA-Ethikkommission abgewickelt“, sagte FIFA-Sprecherin Delia Fischer am Sonntag. „Daher sind wir nicht in der Lage, zu laufenden Verfahren, Namen oder anderen Informationen Stellung zu nehmen, die in den Medien kursieren.“ Die FIFA wisse zudem nicht, „was tatsächlich in den Untersuchungsberichten erfasst ist“, heißt es in dem Statement. Die FIFA gebe daher „momentan keine weiteren Kommentare ab“.

In Europa jedenfalls wächst der Widerstand gegen die FIFA und Präsident Joseph Blatter. An diesem Montag treffen sich Verbandschefs und Generalsekretäre aus Deutschland, Österreich, Ungarn, Israel, Liechtenstein, Luxemburg, Polen und der Schweiz in Frankfurt/Main. Auch wenn es sich laut UEFA um ein lange geplantes Arbeitstreffen handle, wird die Situation der FIFA dennoch ein Thema sein.

Sollten die Vertreter des europäischen Dachverbandes allerdings auf Unterstützung aus Asien gehofft haben, wurden sie am Wochenende enttäuscht. Zwar wird Jordaniens Verbandschef Prinz Ali bin Al-Hussein als möglicher Herausforderer für Blatter bei der Wahl am 29. Mai 2015 genannt, Asiens Verbandspräsident Salman Bin Ebrahim Al Khalifa aus Bahrain bekräftigte aber die Unterstützung des Kontinents für Blatter. „Es war eine einstimmige Entscheidung“, sagte er der Nachrichtenagentur AP im Rückblick auf einen Kongress-Beschluss des Asiatischen Fußball-Verbands AFC pro Blatter im Juni. „Nachdem wir so eine Entscheidung getroffen haben, müssen wir sie stützen. Wir ziehen unser Wort und unsere Zusagen niemals zurück.“