Reformpaket: FIFA verspricht neue Gewaltenteilung

Zürich (dpa) - Das Schicksal der FIFA hängt nicht von ihrem neuen Präsidenten ab, sondern von der Zustimmung zum Reformpaket. Nicht nur DFB-Ex-Präsident Wolfgang Niersbach sieht das so.

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In seiner Funktion als FIFA-Exekutivmitglied warnt er daher vor einem erneuten Scheitern der Statutenänderungen, die in sogar weniger radikaler Form 2014 beim Kongress in Sao Paulo abgeschmettert wurden.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Nach Korruptionsskandalen und Ermittlungen in mehreren Ländern mit Festnahmen vieler Funktionäre beauftragte die FIFA eine Reformkommission mit der Ausarbeitung des nun zur Abstimmung vorliegenden Pakets. Im Kern geht es um eine Gewaltenteilung und die Trennung der politischen Repräsentation und der ökonomischen Entscheidungsebene.

Die Hürde: Dreiviertel der 207 stimmberechtigten FIFA-Mitglieder müssen am Freitag (09.30 Uhr) in Zürich beim außerordentlichen Kongress die Reformen annehmen. Gerade in Afrika und Asien fürchten viele Funktionäre um ihre Pfründe, so dass ein Restrisiko für ein Scheitern bleibt.

Welche Aufgaben hat künftig der FIFA-Präsident?

Eine weitgehend unkontrollierte Allmacht á la Blatter soll es nie mehr geben. Der nächste FIFA-Chef soll eher repräsentative Aufgaben übernehmen, den Weltverband in politischen Angelegenheiten vertreten. Im Alltagsgeschäft spielt er keine Rolle - soweit die Theorie. Völlig entkoppelt ist der neue „P“ aber auch nicht. Er hat Sitz und Stimme im neuen Council. Und er hat ein Vorschlagsrecht bei der Benennung des Generalsekretärs und damit Einfluss auf die Administration.

Wer wird der neue starke Mann beim Weltverband?

Der Generalsekretär bekommt mehr Macht. Das klingt paradox, denn gerade der entlassene und gesperrte Jérôme Valcke demonstrierte, wie man diesen Job zum eigenen Vorteil unlauter nutzen kann. Die FIFA will aber einen starken Geschäftsführer installieren, wie ein CEO Chief Executice Officer (etwa geschäftsführendes Vorstandsmitglied) in großen Konzernen. Gewählt wird der Generalsekretär vom Council, kontrolliert von diesem und der Compliance Abteilung, für die der Chief Compliance Officer (eine Art Aufpasser, dass das Geschäftsgebaren des Verbandes mit Recht und Gesetz übereinstimmt) im Büro des Generalsekretärs sitzt.

Das Exekutivkomitee stand massiv in der Kritik. Was wird aus dem Gremium?

Aus dem Exekutivkomitee wird das Council. Aus der sogenannten Regierung wird eine Art Aufsichtsrat. Statt die wesentlichen Entscheidungen gerade monetärer Art zu treffen, darf das Gremium diese nur noch genehmigen. Statt 25 gehören künftig 36 Funktionäre plus Präsident zum elitären Kreis mit einer stärkeren Repräsentation aus Afrika und Asien. Jede Konföderation muss eine Frau entsenden. Berufen werden die Mitglieder weiter von ihren Kontinentalverbänden. Das war schon Blatter ein Dorn im Auge. Und: Derzeitige Exko-Mitglieder haben Bestandsschutz. Niersbach könnte zum Beispiel sein laufendes Mandat bis 2019 erstmal im Council absitzen.

Wie funktioniert die Kontrolle der FIFA-Funktionäre?

Für Präsident und Council-Mitglieder gilt die Beschränkung auf drei Amtszeiten á vier Jahre. Sie müssen sich vor Amtsantritt einem externen Integritätscheck unterziehen und die lange streng gehüteten Gehälter werden offen gelegt. Reduziert wird die Zahl der ständigen Kommissionen von 26 auf 9, um mehr Effizienz und Professionalität zu gewährleisten. Die Mitglieder der juristisch relevanten Kommissionen, wie der Ethikkommission, der Disziplinarkommission und der Berufungskommission sollen alle nicht aus der sogenannten Fußball-Familie kommen, also FIFA-extern sein.

Was passiert, wenn die Reformen abgelehnt werden?

Das wäre ein Desaster. Sogar die Zerschlagung der FIFA in bisheriger Form wäre denkbar. Aus zwei Gründen: Die US-Justiz hat angekündigt, ihre Ermittlungen massiv auszuweiten, wenn sich die FIFA nicht reformiert - das war auch letztlich der Grund, warum Blatter im Juni 2015 seinen Rücktritt ankündigte. Gravierend wären zudem die finanziellen Risiken. Konten könnten von der Justiz eingefroren werden. Die FIFA macht wegen der Skandale ohnehin schon Verlust in dreistelliger Millionenhöhe. Die Reserven sind um etwa ein Drittel geschrumpft. Sponsoren haben gekündigt oder eindeutig Reformen eingefordert. Ohne neue Geldgeber, ist die Zukunft gefährdet.