Argentina reloaded: Hauch von 1986 umweht Messi & Co
Brasília (dpa) - Manche Parallelen zwischen der Weltmeister-Mannschaft von 1986 und Argentiniens Team von 2014 sind erstaunlich. Es gibt aber auch Unterschiede. Auch, was Diego Maradona damals und Lionel Messi heute betrifft.
Manches ist wie ein argentinisches Déjà-vu. „Das Team spielte solide, aber unauffällig“, beschreibt selbst der Fußball-Weltverband FIFA die Mannschaft, die 1986 in Mexiko für Argentinien den zweiten und bislang letzten WM-Titel holte, „und letztendlich war es der alles überragende Maradona, der die Trophäe praktisch im Alleingang für sein Land gewann.“ Die Bilanz der „Albiceleste“ bei der WM in Brasilien bis zum Viertelfinale am Samstag gegen Belgien fällt nicht viel anders aus. „Messi ist eine andere Art, Maradona zu sein“, meinte jüngst Jorge Valdano, einer aus Maradonas Weltmeister-Mannschaft 1986.
Vom Pokal in den Händen ist Diego Maradonas Nachfolger Lionel Messi noch drei Siege entfernt. „Maradona war ein Schlüsselspieler, Messi ist es jetzt ebenfalls“, betonte der aktuelle Coach der argentinischen Mannschaft, Alejandro Sabella. Die Abhängigkeit von Messi scheint aber in mancherlei Hinsicht noch größer, nicht nur, was den Weg bis in die K.o.-Runde betrifft. Vier der sechs Tore in der Gruppenphase erzielte Messi bei seiner dritten WM. Nur ein anderer Spieler (Marcos Rojos) traf in einem der drei Vorrundenmatches. Ein Treffer war ein Eigentor von Bosnien-Herzegowina.
„Wir haben noch nicht die Stufe erreicht, auf die wir wollen“, gab Sabella auf der Abschluss-Pressekonferenz am Freitag zu. Dafür brauche es die Hilfe Messis. Jedes Team würde sich auf ihn verlassen. Allerdings unterstütze die Mannschaft Messi auch, nur dadurch könne er so spielen wie das bei dieser WM der Fall ist.
Maradona kam vor 28 Jahren bei seiner zweiten WM erst vom Achtelfinale an so richtig in Torlaune. Er konnte sich auch auf Nebenleute wie Valdano, der damals im Auftaktspiel gegen Südkorea doppelt traf, und Jorge Burruchaga verlassen, der zusammen mit Valdano den Sieg im letzten Gruppenspiel gegen Bulgarien perfekt machte. Maradona brauchte lediglich einen Elfmeter zum 1:1 gegen Italien zu verwandeln, um Argentinien auf dem Weg zum erneuten Titel nach 1978 zu halten.
Messi muss es seit dem ersten Spiel der Argentinier in Brasilien fast alleine richten. Tor gegen Bosnien-Herzegowina zum 2:1-Erfolg, Last-Minute-Treffer gegen den Iran zum 1:0 und Doppelpack gegen Nigeria zum 3:2-Sieg. Seit dem ersten Tag im WM-Camp müssen Spieler und Trainer der Argentinier Fragen nach der Abhängigkeit von Messi beantworten.
Sabella räumte ein, dem „Floh“ die Last etwas von den Schulter nehmen zu wollen. In seinem Vorwort zu einer Biografie über den viermaligen Weltfußballer schrieb er allerdings auch: „Wir haben ein Team, das gut spielt und eine Einheit bildet. Aber es ist einfach so, dass die Mannschaft nicht dieselbe ist, wenn Messi nicht dabei ist.“
Er ist der Spieler für die entscheidenden Szenen. Er ist ein Torjäger. „Heute ist es besser für Spieler wie Messi“, analysierte Englands ehemaliger Nationalspieler Gary Lineker bei einem Vergleich zwischen den beiden Ausnahmefußballern. „Diego war ein unglaublicher Spieler. Er war unglaublich kreativ. Er hat aber nicht so viele Tore gemacht“, meinte der ehemalige Angreifer, der beim legendären 2:1-Sieg der Argentinier im WM-Viertelfinale von Mexiko das Tor der Engländer erzielte - Maradonas Handtor und dessen Jahrhunderttreffer brachen den Engländern das Herz.
Heute würden Fouls an Spielern wie Messi schneller geahndet, auch die Regeln wie Abseits hätten sich zugunsten der Angreifer verändert. Nur konnte all dies außer Messi bislang einzig Ángel di María nutzen bei seinem Tor zum 1:0 in der Verlängerung gegen die Schweiz - nach genialer Vorarbeit von Messi. Ein argentinischer Triumph mit einem Finale ohne Messi-Tor, wie 1986, als Maradona keinen der Treffer beim 3:2 über Deutschland erzielte, ist in diesen Tagen nur sehr schwer vorstellbar.