Didier Deschamps - Der Hüter der Werte im französischen Fußball
Trainer Didier Deschamps hat die Verwandlung vom Chaostrupp zum Klasseteam zu verantworten.
Ribeirão Preto. Was ist bloß mit der „Equipe tricolore“ im Vergleich zur WM 2010 in Südafrika geschehen, als sie in der Vorrunde ausschied? Die Mutation vom Chaos-trupp zum Klasseteam sei das Verdienst von Trainer Didier Deschamps, so wird es im Umfeld der französischen Mannschaft erzählt. Der disziplintreue Arbeiter aus Bayonne sieht sich als „Hüter der Werte“. Sein Credo: „In allen Gruppen mögen sich manche mehr und manche weniger. Wichtig ist es, auf dem Platz eine Einheit zu sein.“
Seine Erläuterungen klingen manchmal so schlicht, wie „DD“ in seiner aktiven Zeit die Pässe über den Rasen zu schieben pflegte. „Die neue Spielergeneration ist oftmals egoistischer und individualistischer, als wir es waren.“
Der wegen seiner 1,73 Meter Körpergröße früher oft unterschätzte Deschamps hat schon im Laufe seiner Ära als Spieler ein feines Gespür für gruppendynamische Prozesse entwickelt. Ihm half es, die Binnensicht des französischen Fußballs mit Erfahrungen auf seinen Auslandsstationen (Juventus Turin, FC Chelsea, FC Valencia) paaren zu können. Wer am eigenen Leib die damals stilprägende Taktik aus Italien, das enorme Tempo in England und die feine Technik in Spanien gelehrt bekam, vollzieht besser nach, was seine bei PSG, Arsenal, Juventus oder Real angestellten Profis im Alltag erleben.
Der 103-fache Nationalspieler trug die Kapitänsbinde der „Les Bleus“, als man im eigenen Land 1998 Weltmeister wurde; so einem nehmen auch die Nassforschen ab, wenn er an die Ehre appelliert. „Man kann die besten Spieler der Welt haben, wenn die Mentalität nicht stimmt, kommt man nicht weit.“ Er weiß eben, was passiert, wenn das Team nicht funktioniert. „Wenn nötig, agiert er auch mit harter Hand“, lobt Verbandspräsident Noel Le Graet. Wie bei der Ausbootung des schwer erziehbaren Samir Nasri.
Lieber vertraut der Trainer anderen Typen, die am besten kleine Brüder im Geiste darstellen. Der kampfstarke Blaise Matuidi, der nimmermüde Yohan Cabaye und der hochveranlagte Paul Pogba bilden das Kraftzentrum im Mittelfeld. „Frankreich hat sich seit 2010 hervorragend entwickelt“, lobt auch Bundestrainer Joachim Löw, „und im Mittelfeld sind sehr viele ‚Deschamps‘“.
Das Gute für Frankreichs Ensemble: Der Gastgeber der EM 2016 hat bereits bei dieser WM das gewonnen, was bei der Mission am Zuckerhut ohnehin im Vordergrund stand: das Vertrauen seines eigenen Volkes.