Finke nach null Punkten unter Druck, will aber bleiben
Brasília (dpa) - Volker Finke wirkte trotzig. Mürrisch beantwortete er die Frage, die so oder in ähnlicher Form nach der dritten WM-Niederlage im dritten Spiel kommen musste.
„Haben Sie noch die Kraft weiterzumachen“, fragte ein Journalist aus Kamerun nach dem 1:4 gegen Brasilien. Rücktritt? Nein, das ist nicht seine Art - und so sagte der 66-Jährige: „Ich habe einen Vertrag, ich werde meinen Job machen.“
Ob Finke wirklich weiter als Nationaltrainer der Afrikaner arbeiten wird, dürfte jedoch kaum von dem Stück Papier abhängen, das beide Seiten eigentlich bis 2015 bindet. Denn die Kritik wächst nach dem desaströsen Abschneiden der Kameruner.
Null Punkte, letzter Platz, 1:9 Tore - Finke hat keine Argumente. Unter ihm sind aus den angeblich „unbezwingbaren Löwen“ punkt- und chancenlose Löwen geworden. Dennoch erklärte der ehemalige Langzeit-Coach des SC Freiburg: „Wir müssen einige Dinge ändern.“ Und: „Wir müssen uns auf die nächste Aufgabe konzentrieren in Marokko.“ Dort wird im kommenden Jahr der Afrika-Cup ausgespielt. Dass Finke dann tatsächlich Trainer Kameruns ist, erscheint indes unwahrscheinlich.
Auch Kameruns Altstar Roger Milla wetterte in einem Rundumschlag gegen Finke und forderte einen völligen Neuanfang. Der deutsche Coach habe falsche Entscheidungen bei der Aufstellung und Auswechslung von Spielern getroffen, sagte Milla der Nachrichtenagentur dpa. „Uns fehlt es nicht an Spielern. Das Problem liegt mehr bei denen, die den Fußball in unserem Land managen“, kritisierte er.
„Seit fast zwei Jahrzehnten hat Kamerun keinen internationalen Wettbewerb mehr gewonnen. Die einst gefürchteten Unbezähmbaren Löwen regen heute niemanden mehr auf.“ Den heutigen Spielern mangele es an Disziplin, sie sollten in Kasernen „wahre Disziplin lernen“. Durch die Pleite gegen Brasilien sah er sich bestätigt,
Die Hände meist tief in den Hosentaschen verfolgte Finke, wie sein Team beim letzten Gruppenspiel wie auch schon beim 0:4 gegen die ebenfalls ausgeschiedenen Kroaten - nach und nach auseinanderfiel. Konzeptlos und undiszipliniert liefen viele seiner Spieler über den Platz.
„Man fragt sich, was man falsch gemacht hat“, sagte Finke. Es muss einiges gewesen sein. „Ja, sonst wäre wir nicht Letzter der Gruppe“, lautete die bittere Erkenntnis des Fußball-Lehrers, der nach seiner Freiburger Zeit zwei mäßig erfolgreiche Engagements bei Urawa Red Diamonds in Japan und als Sportdirektor beim 1. FC Köln hatte.
Finke will nun auf Zeit spielen und wohl warten, bis die Kritik in Kamerun abschwillt. „Wir müssen in drei, vier Wochen nach der WM das ganze analysieren“, sagte der Coach: „Wir müssen nach den Gründen suchen, wieso eine gute Vorbereitung so schlecht ausgeht.“ Dass er diese Zeit bekommt, ist unwahrscheinlich.
Selbstzweifel zeigte der studierte Lehrer aus dem niedersächsischen Nienburg nicht. „Ich bin überzeugt von meiner Wahl“, sagte er zu seinen Aufstellungen und schob noch hinterher: „Ich bin kein Neuling.“
Aber Finke bekam die Probleme nicht in den Griff. Fast schon traditionell gab es einen Prämienstreit, Streikandrohungen und eine verspätete Anreise. Im Gedächtnis geblieben sind von Kameruns Auftritt in Brasilien zudem die Handgreiflichkeiten der eigenen Spieler untereinander bei der Niederlage gegen Kroatien.
Er habe mit den Spielern darüber geredet, berichtete Finke: „Die Spieler müssen ein Vorbild sein, wir haben darüber gesprochen.“ Über eine Strafe müsse aber der Verband entscheiden. Wahrscheinlich wird der Fußball-Verband Kameruns (Fecafoot) aber zunächst über die Trainer-Frage entscheiden.