Ganz Brasilien liegt Neymar zu Füßen
Brasília (dpa) - Das ganze Land des WM-Gastgebers feiert Wunderknabe Neymar nach dem 4:1 (2:1)-Sieg der Seleção gegen Kamerun. Im Achtelfinale am Samstag in Belo Horizonte werden dem vierfachen WM-Torschützen jetzt die Chilenen auf die Zauberfüße steigen.
„Wenn Neymar es auf dem Platz regnen lässt, wundert sich keiner“, sagte sein Teamkollege David Luiz in den Katakomben des Estádio Nacional von Brasília. „Er ist geboren, um Fußball zu spielen. Er denkt nicht darüber nach, wo er ist. Er will nur glücklich sein auf dem Platz und es genießen“, sagte Brasiliens Außenverteidiger Dani Alves über seinen Kollegen im Nationalteam. Die brasilianischen Medien überboten sich gegenseitig bei der Bewertung des Hochbegabten. „O Globo“ titelte treffend: „Gegen Kamerun gab es Augenblicke, in denen Neymar nicht ein Spieler Brasiliens war. Er war Brasilien.“ Die Zeitung „Lance“ fragte: „Was wären wir ohne ihn?“
Neymar wirbelt bei dieser WM so lässig und leichtfüssig über den Rasen, als kicke er gerade für einen Werbspot. Als wäre die Bühne des Weltfussballs für ihn geschaffen. Halb Brasilien sieht ihn schon seit Monaten als den großen Protagonisten des Turniers; ganz Brasilien hofft, dass Neymar da Silva Santos Júnior den WM-Gastgeber zum sechsten Titel schießt.
Druck? „Da ist kein Druck, wenn du einen Traum wahr machen kannst. Heute spiele ich die Spiele, von denen ich geträumt habe“, sagte der Profi des FC Barcelona nach seinen zwei Toren ((17./35. Minute) und vielen wunderbaren Szenen vor 69 112 begeisterten Zuschauern am Montagabend. „Neymar“, erklärte der ARD-Experte und frühere Bundesliga-Torjäger Giovane Elber auf der Tribüne, „ist der einzige Brasilianer, der locker ist.“
Denn der große WM-Favorit bekam nach dem zwischenzeitlichen 1:1 durch den Schalker Bundesliga-Profi Joel Matip kurz die große Flatter, bevor Neymar das umjubelte 2:1 (49.) gelang und danach noch Fred (49.) und Joker Fernandinho (84.) trafen. „Wir waren ein bisschen nervös. Wir haben es zu eilig, etwas zu zeigen“, meinte Trainer Luiz Felipe Scolari später. Am Ende feierte seine Mannschaft das 4:1 und den Gruppensieg wie einen Befreiungsschlag.
„Ich mache nicht nur Tore, sondern alles, was dazu gehört“, betonte Neymar. „Ich glaube, das Wichtigste ist, dass die ganze Mannschaft heute ihr bestes Spiel gemacht hat. Nicht nur das Ergebnis war gut, sondern auch die Art und Weise.“ Wenige Stunden später postete der Jungstar, der den FC Barcelona im vergangenen Jahr insgesamt fast 100 Millionen Euro gekostet hat, auf Facebook ein Foto seines Torjubels mit den Worten: „Obrigado Senhor!! Thank You Lord!!“ - „Danke, Gott!“
Die Chilenen wissen längst, was auf da auf sie zustürmt. Vor dem Rest des Brasilien-Angriffs braucht der südamerikanische Rivale allerdings nicht zu zittern: Kraftpaket Hulk blieb ebenso blaß wie Chelsea-Mann Oscar. Der zuletzt so hart kritisierte Confed-Cup-Torschützenkönig Fred brach wenigtens den Bann und feierte befreit seinen ersten WM-Treffer.
Ob Brasilien völlig von Neymar abhängig ist? „So wie Argentinien von Messi abhängt, aber das ist okay“, sagte Scolari. „High level player“ würden eben den Unterschied ausmachen, erklärte er und lobte sein Toptalent: „Er antizipiert immer besser.“ Wie schon in all seinen Confed-Cup- und WM-Spielen zuvor schleppte Neymar am Ende wieder die Trophäe für den „Man of the Match“ in den Bus. Er tat dies so lässig, als habe er ein Skateboard in der Hand und schlenderte mit offenen Schnürsenkeln davon. „Was ich mir am meisten wünsche ist, dass ich ins Maracanã komme und alle meine Freunde und meine Familie sehen, wie wir Weltmeister werden“, sagte er noch.