Kölsch in Porto Alegre: Qualität und Kreativität
Porto Alegre (dpa) - Mehr als 10 000 Kilometer vom Kölner Dom entfernt steht Mauricio Chaulet hinter seiner Bar im brasilianischen Porto Alegre und zapft ein frisches Kölsch.
„Man bekommt hier leider keine richtigen Kölsch-Gläser“, entschuldigt er sich. Seinen Gästen macht das nichts aus. Das Kölsch ist beliebt, noch gefragter ist aber Weizenbier. Seit vier Jahren produzieren Mauricio Chaulet und seine drei Geschäftspartner beides in ihrer eigenen Mikrobrauerei in der Hauptstadt des südlichsten Bundesstaats Brasiliens. Insgesamt 40 verschiedene Sorten Bier haben sie im Repertoire, 7000 Liter produzieren sie monatlich.
Private Brauereien, aufgrund ihres geringen Produktionsvolumens auch Mikrobrauereien genannt, liegen in Südbrasilien im Trend: 2011 gab es in Rio Grande do Sul 40 Brauereien, zwei Jahre später waren es schon 60. Organisiert sind sie in der „Acerva Gaúcha“. „Es gibt eine große Bewegung in der Brauerei-Szene“, sagt Mauricio Chaulet. In den vergangenen Jahren habe sich ein Markt für selbstgebrautes Bier entwickelt.
Dabei hat die Region eine lange Bierbrau-Tradition. Schon die deutschen Einwanderer, die es im 19. Jahrhundert in den Süden Brasiliens zog, stellten hier ihr eigenes Bier her. Im Jahr 1913 gab es 134 Brauereien in Rio Grande do Sul. Doch mit dem kommerziellen Erfolg der großen Marken schwanden die kleinen Brauereien, wurden aufgekauft oder geschlossen.
Obwohl die Mikrobrauereien auch heute noch keine Chance gegen die Massenprodukte der Marktführer haben, eröffnen immer mehr Fabriken und Bars. Sie setzen auf Qualität, Kreativität und Vielfalt. „Wir haben einfach Spaß an gutem Bier“, erklärt Mauricio. Und auch die Nachfrage nach Kursen ist groß. Einmal im Monat bringen der 35-Jährige und seine Kollegen Bierfans die Grundlagen des Bierbrauens bei.
Einer der Vorreiter des neuen Trends war die Brauerei „Eisenbahn“ aus Blumenau. Gegründet 2002 stellten die Betreiber extra einen Braumeister aus Deutschland ein, um Bier nach dem deutschen Reinheitsgebot zu brauen. 2008 wurde sie von der Brasil Kirin aufgekauft. Bei der Namensgebung greifen viele Brauereien auf deutsche Namen zurück und nennen sich „Baden Baden“, „Bamberg“ oder „Biermarkt“.
Das Quartett um Mauricio Chaulet war in Porto Alegre eines der ersten, das den Schritt aus den eigenen vier Wänden auf den Markt wagte. 2008 gründeten die Brauer „Lagom“, 2010 eröffneten sie den ersten Brew-Pub der Stadt. Tagsüber arbeiteten sie in ihren alten Jobs, abends zapften sie für die Gäste selbst gebrautes Bier. Mittlerweile betreiben sie eine weitere Bar mit Restaurant, das Bier wird in der eigenen Fabrik gebraut.
Aus den Zapfhähnen fließt aber nicht nur Bier aus der eigenen Produktion - auch Importbier und das anderer Privatbrauereien aus der Region ist im Angebot. „Unter uns Mikrobrauereien herrscht keine Konkurrenz, wir sind Freunde“, erklärt Mauricio Chaulet. Denn die meisten Betreiber kennen sich noch aus ihren Anfangszeiten, als sie sich gegenseitig Tipps zum Bierbrauen gaben und ihre Erfahrungen austauschten. Sie teilen sich Lastwagen und organisieren den Einkauf, zur WM bieten sie nun gemeinsam Touren durch ihre Bars und Fabriken an.
Die brasilianischen Gäste schätzen das Angebot: „Sie sind sehr experimentierfreudig und wollen Vielfalt“, sagt Mauricio Chaulet. Und so gehen nicht nur Kölsch, Pils, Pale Ale, Dunkel- oder Altbier über den Tresen, sondern auch Weizenbier mit Pfirsichsaft.