Schweiz-Stürmer „Rocky“ Drmic lebt seinem Traum - Wie „Torte am Geburtstag“
Togliatti (dpa) - Eigentlich war für Josip Drmic schon alles vorbei. Als bei dem Angreifer von Borussia Mönchengladbach im April des vergangenen Jahres zum zweiten Mal ein Knorpelschaden im Knie diagnostiziert wurde, hatten viele den Schweizer mit kroatischen Wurzeln bereits abgeschrieben.
Eine Teilnahme an der Fußball-WM war „eigentlich unmöglich“, wie Drmic im Rückblick selbst einräumt. Doch der Bundesliga-Profi kämpfte sich ein weiteres Mal zurück, quälte sich noch einmal durch die Reha und wurde belohnt. In Russland zählt Drmic zum Schweizer Kader und kann sich seit seinem Treffer beim 2:2 gegen Costa Rica im letzten Gruppenspiel sogar WM-Torschütze nennen.
„Das ist die Belohnung für den harten Weg, den ich gegangen bin. Das ist wie die Torte am Geburtstag“, sagte Drmic im Schweizer Camp in Togliatti an der Wolga. Togliatti ist vor allem für seine Lada-Werke bekannt, die größte Autofabrik Russlands ist hier beheimatet. Die Menschen stehen für harte Arbeit - so wie Drmic auch.
„Es ist einfach zu sagen, es geht nicht“, beschreibt der 25-Jährige sein Motto. Während ihn fast alle vergessen hatten, schuftete Drmic im Verborgenen für sein erneutes Comeback. Natürlich frage man sich manchmal: „Warum passiert das immer mir?“, berichtete Drmic von Zweifeln, die hin und wieder aufkamen. Doch immer dann, wenn er in ein Tief zu fallen drohte, erinnerte er sich an sein Vorbild Rocky Balboa. „Sein Charakter begleitet mich schon mein ganzes Leben. Als kleiner Junge habe ich alle Rocky-Filme geguckt, sein Fleiß und sein Kampfgeist haben mir damals sehr imponiert“, sagte Drmic vor der WM im Interview der „Sport Bild“.
Wie Rocky komme auch er aus einfachen Verhältnissen, habe sich mit harter Arbeit nach oben gekämpft. Vom FC Zürich wechselte Drmic 2013 zum 1. FC Nürnberg, wo er mit 17 Treffern beinahe Torschützenkönig geworden wäre. Nach einer durchwachsenen Saison in Leverkusen wurde er dann vom ersten Knorpelschaden gestoppt, auch in Gladbach lief es für ihn danach nicht rund, die zweite schwere Knieverletzung schien das Ende der Karriere zu bedeuten.
Doch gegen Ende der Saison war Drmic wieder da, mit vier Treffern in sechs Spielen war er einer der wenigen Gladbacher, die im enttäuschenden Saisonendspurt überzeugten. Ob er am Niederrhein bleibt, ist offen. „Erst mal ist WM, nur WM! Danach gehe ich in die Ferien, dann zurück nach Gladbach. Und dann rede ich mit dem Club. Dann wird entschieden, was für uns die beste Lösung ist“, sagte Drmic der Zeitung „Blick“. Sein Vertrag läuft noch ein Jahr.
„Hut ab vor seiner Leistung“, sagte Nati-Kollege Haris Seferovic, „viele hätten bei solch gravierenden Problemen wohl aufgegeben.“ Der Schweizer Nationaltrainer Vladimir Petkovic verfolgte den Weg des Stürmers in all der Zeit genau, schickte immer wieder aufmunternde Nachrichten und berief Drmic schließlich zur Überraschung einiger in seinen Kader für die WM. Dort wollen die Schweizer am Dienstag gegen Schweden den Sprung ins Viertelfinale schaffen. Drmic ist überzeugt von einem Erfolg. „Jeder stuft uns immer noch als die kleine Schweiz ein, aber wir dürfen nicht vergessen, was wir geleistet haben“, sagte Drmic. Das gilt ganz besonders auch für ihn.