Suárez betont Unschuld: Auf Gegner gefallen
Ciudad de la Costa (dpa) - Auf dem heimischen Balkon hatte Luis Suárez sein Lächeln wiedergefunden. Mit den süßen Kindern Benjamín und Delfina auf dem Arm winkte der gesperrte WM-Star in Ciudad de la Costa den jubelnden Fans zu und wandte sich kurz vor dem WM-Achtelfinale an seine Anhänger:
„Vielen Dank, dass ihr an meiner Seite seid, ich möchte, dass ihr alle heute meine Freunde aus der Nationalmannschaft bei der Partie gegen Kolumbien unterstützt“, schrieb der 27-Jährige vor dem Spiel bei Twitter. Nach der Sperre von neun Pflicht-Länderspielen und dem Fußball-Bann für vier Monate war Suárez direkt von der WM in Brasilien per Privatflugzeug nach Montevideo abgereist.
Zumindest das Trikot des gesperrten Stürmerstars begleitet das Team dennoch gegen Kolumbien. „Der Platz von Suárez ist intakt“, twitterte der Verband. Dabei wurde ein Bild veröffentlicht, dass das auf einen Kleiderbügel im Spind gehängte Jersey des 27-Jährigen im Estádio do Maracanã zeigt.
Der Verband kündigte am Freitagabend zudem fristgerecht einen Einspruch beim Weltverband FIFA an, der Superstar ist sich trotz der deutlichen Bilder seiner Beißattacke gegen Italiens Giorgio Chiellini keiner Schuld bewusst.
Übereinstimmenden Berichten zufolge schrieb Suárez in seiner Verteidigung vor der FIFA-Disziplinarkommission, dass es „in keinster Weise wie beschrieben passierte, als Biss oder Absicht, zu beißen.“ Das steht in Paragraf 6 des FIFA-Urteils, wie die Nachrichtenagentur AP und brasilianische Medien berichteten. „Im Moment des Aufpralls habe ich die Kontrolle verloren, wurde instabil und bin auf meinen Gegner gefallen“, argumentierte Suárez auf interessante Weise. „Als mein Gesicht den Spieler traf, bekam ich eine kleine Prellung an der Wange und spürte starken Schmerz an meinen Zähnen.“
Wie aus dem Bericht hervorgeht, hatten die Unparteiischen den Vorgang nicht gesehen. Die Disziplinarkommission wertete den Biss als „überlegt, absichtlich und ohne Provokation.“
Bis Sonntag kommender Woche hat der uruguayische Verband AFU nun Zeit, schriftlich gegen das Urteil zu widersprechen. Dafür war zuletzt AFU-Anwalt Alejandro Balbi nach Barcelona geflogen, um sich mit Rechtsexperten abzusprechen. Ein Einspruch hat jedoch keine aufschiebende Wirkung, so dass die Mannschaftskameraden in Rio de Janeiro ohne ihren Offensiv-Anführer Suárez gegen Kolumbien antreten müssen.
Das Urteil bewerten wollte FIFA-Präsident Joseph Blatter nicht, kritisierte aber die Beißattacke mit klaren Worten. „Ich kämpfe für Fair Play, besonders auf dem Platz. Und das ist nicht fair, was er getan hat“, sagte der Weltverbandschef zum Vergehen des Angreifers. „Die Entscheidung zu diskutieren, die von einem Gremium aus sieben Richtern getroffen wurde, ist nicht meine Aufgabe.“ Die Vorgeschichte des Spielers, der bereits zweimal für ähnliche Vergehen gesperrt worden war, sei offenbar „in Betracht gezogen“ worden.
Anders als der argentinische Altstar Diego Maradona erachtet Pelé die harte Strafe für korrekt. „Die Entscheidung der FIFA war gut, sie war richtig, weil man ein Beispiel geben muss. Wenn dieses Beispiel nicht am Anfang gegeben wird, dann kann sich das (Attacken wie von Suárez) verbreiten“, sagte das 73 Jahre alte brasilianische Fußball-Idol lokalen Medienangaben zufolge bei einer Veranstaltung in Rio de Janeiro. Pelé-Rivale Maradona hatte die WM-Rekordsperre gegen Suárez als „eine unfaire Strafe, ein unglaubliches Mafia-Ding“ bezeichnet.
Uruguays Fußball-Idol Alcides Ghiggia hingegen bekräftigte seine Kritik an Beißer Suárez. „Was er gemacht hat, war falsch“, sagte der 87-Jährige dem kolumbianischen Radiosender La FM. Suárez hätte wissen müssen, dass er bei der WM sein Land repräsentiert und für eine solche Aktion bestraft werden könnte. Allerdings sei die von der FIFA verhängte Sperre zu hart ausgefallen. „So schlimm war es nicht. Ich meine, die FIFA hat sich geirrt“, sagte Ghiggia, der Uruguay 1950 im Maracaná-Stadion gegen Brasilien zum WM-Titel schoss.