U-Bahnfahrer-Streik lähmt WM-Eröffnungsstadt São Paulo

São Paulo (dpa) - Ein Streik zahlreicher U-Bahnfahrer hat in der WM-Eröffnungsstadt São Paulo zu einem Verkehrschaos geführt. In der Station vor dem WM-Stadion in São Paulos östlich gelegenen Stadtteil Itaquera traten wütende Passagiere Sperrzäune um und liefen auf die Gleise.

Foto: dpa

Es kam zu Staus von über 200 Kilometern Länge. Erschwert wurde die Lage durch einen Ausstand der Bediensteten der Verkehrsbehörde CET, die den Verkehr auf der Straße regeln. Zigtausende Menschen warteten vergeblich auf die U-Bahn.

Die U-Bahnen verkehrten in der Elf-Millionen-Metropole auf vielen Linien nur unregelmäßig. Die Folge waren große Menschenansammlungen und Gedränge auf den Bahnsteigen. „Wir hatten gar keine Zeit, uns Alternativen zu überlegen“, sagte die 46-jährige Aparecida Cirico da Rocha, die auf den Bus umsteigen musste. Die Verkäuferin Ana Carolina Pereira Damaso (22) zeigte gegenüber Journalisten aber auch Verständnis. „Ich bin auch dafür, dass die Regierung die Gehälter der Metro-Mitarbeiter erhöht, aber die Bevölkerung ist praktisch für alles auf die Metro angewiesen.“

An der Station „Corinthians-Itaquera“ am Corinthians-Stadion traten empörte Passagiere Absperrgitter um und verschafften sich Zugang zum Bahnsteig, der von Sicherheitskräften abgeriegelt war. Die ersten Züge, die am 5. Juni gegen 07.00 Uhr fuhren, waren völlig überfüllt. Vor den Drehkreuzen bildeten sich riesige Schlangen. Passagiere mussten mindestens eine Stunde warten, bevor die Eingänge freigegeben wurden. Ein Gericht hatte angeordnet, dass mindestens 70 Prozent aller U-Bahnfahrer im Einsatz sein müssen, während der Hauptverkehrszeit sogar 100 Prozent. Anderenfalls drohen der Gewerkschaft hohe Geldstrafen.

Am Vortag war es vor dem auch als „Itaquerão“ bekannten WM-Eröffnungsstadion zu Demonstrationen gekommen. Mindestens 12 000 Menschen protestierten dabei gegen die hohen WM-Kosten und gegen Immobilienspekulationen. Die Aktion wurde von der Bewegung obdachloser Arbeiter (MTST) organisiert, die anders als die Polizei von 25 000 Teilnehmern sprach. Zwischenfälle wurden nicht gemeldet. Die WM wird am 12. Juni mit dem Spiel Brasilien gegen Kroatien eröffnet.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) forderte Brasiliens Regierung indes auf, während der Fußball-WM das Recht auf freie Meinungsäußerung zu schützen und einen Gewaltmissbrauch der Polizei zu verhindern. Alle Augen der Welt seien auf Brasilien gerichtet und „nicht nur auf den Fußballrasen“, sagte Brasiliens AI-Direktor Atila Roque anlässlich der Übergabe von 87 000 Unterschriften an die Regierung im Rahmen einer Kampagne „Gelbe Karte für Brasilien“.