US-Trainingslager: Schweißtreibendes WM-Warm-up

Jacksonville (dpa) - Jürgen Klinsmanns Trainingslager-Programm für seine US-Boys klingt bisweilen nach traumhaftem Florida-Urlaub.

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Morgens leichter Strandlauf am Atlantik, nachmittags Golf spielen auf dem weltberühmten TPC Sawgrass, auf dem Martin Kaymer kürzlich die Players-Championship gewann. Pure Erholung vor dem WM-Abenteuer? Wenn da nur nicht die Übungseinheiten am späten Vormittag wären.

Um 10 Uhr bittet Fußballlehrer Klinsmann täglich seine 23 WM-Fahrer ins Hodges Stadium auf dem Campus der Universität von Nordflorida. Das Thermometer zeigt bereits 28 Grad. Der Himmel ist wolkenlos, die Sonne unbarmherzig, die Luft schwül. Genauso hatte es sich Klinsmann gewünscht. „Auf dem Weg nach Brasilien hierher zu kommen, ist ein wichtiges Teil unseres Puzzles. Wir wollen uns an dieses Klima gewöhnen, das dem in Brasilien ähnelt“, betont der Schwabe.

Die Amerikaner bestreiten alle drei Spiele ihrer Vorrundengruppe G im hochsommerlichen brasilianischen Norden - in Natal, Manaus und zum Schluss in Refice gegen Deutschland. Vor allem das Duell mit Portugal im Amazonas-Dschungel von Manaus bezeichnen alle als große Herausforderung. In der Arena Amazonia werden mindestens 30 Grad und 80 bis 90 Prozent Luftfeuchtigkeit erwartet. Um darauf vorbereitet zu sein, klotzen die Klinsmänner seit Wochenbeginn im subtropischen Nordflorida, bevor am Sonntag der Flieger Richtung Sao Paulo abhebt. Die Tageszeitung „Florida Times Union“ titelte daher treffend: „Jacksonville hilft dem US-Team beim WM-Warm-up.“

„Ich würd' sagen, es ist ein bisschen mehr Urlaubswetter als Fußball-Wetter. Aber wir nehmen es, wie wir es bekommen, und es hat ja auch einen Sinn, warum wir hier sind“, sagt Jermaine Jones im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Bevor der Ex-Schalker aus dem Kabinentrakt hinaus auf den Rasen geht, greift er wie seine Mitspieler zur Sonnencreme, die auf einem kleinen Tisch bereitliegt. Wer sich hier um diese Jahreszeit nicht schützt, hat nach spätestens 20 Minuten einen Sonnenbrand.

Klinsmann steht in dunkelblauen Shorts und gleichfarbigem T-Shirt in der Mitte des Rasens. Er trägt eine Schirmmütze und beobachtet genau die Aufwärm-Übungen, die Co-Trainer Tab Ramos leitet. Auf der steil emporragenden Betontribüne sitzen einige Angestellte der Universität und schauen sich die Einheit an. Ansonsten sind „Klinsi“ und Co. völlig unter sich. Florida ist American-Football-Hochburg. Soccerspieler, selbst solche, die mal Weltmeister geworden sind, können hier ungestört arbeiten.

Am Samstag bestreiten die Amerikaner in Jacksonville ihr drittes Testspiel gegen WM-Teilnehmer Nigeria. Der Stil der „Super Eagles“ ähnelt dem der Ghanaer - und die sind am 16. Juni der Kontrahent im ersten Gruppenspiel. Bis zu 50 000 Zuschauer werden in der Football-Arena der Jacksonville Jaguars erwartet - doppelt so viele wie beim ersten Test am 27. Mai in San Francisco gegen Aserbaidschan.

„Die WM rückt immer näher. Ich denke, dass der Trainer bald mit der Mannschaft anfängt, mit der er sich vorstellt, auch in Brasilien zu beginnen“, sagt Jones. Doch Klinsmann hat bereits angekündigt, alle sechs möglichen Wechsel zu nutzen und die Fans aufgefordert, „nicht allzu viel in die Startelf hineinzuinterpretieren.“ Man sei zwar ziemlich nah dran an der Wunschelf, allerdings werde man noch nicht alle Karten auf den Tisch legen, so Klinsmann, dessen Team am 12. Juni in Sao Paulo einen letzten Test unter Ausschluss der Öffentlichkeit gegen Belgien absolviert.

Vakant ist vor allem noch die Position des zweiten Innenverteidigers. Der vorgesehene Omar Gonzalez fällt seit Wochen mit Knieproblemen aus. Auch auf links außen herrscht noch Klärungsbedarf. Gegen Aserbaidschan startete Routinier DaMarcus Beasley, gegen die Türkei bekam der Neu-Frankfurter Timothy Chandler den Vorzug. Vorhergesagt sind 32 Grad Celsius und eine Luftfeuchtigkeit von 75 Prozent. Die heiße Phase der WM-Vorbereitung hat begonnen. Klinsmann freut's.