Von Bern bis Yokohama: Die deutschen WM-Finals

Berlin (dpa) - Die deutsche Nationalmannschaft greift am Sonntag in Rio de Janeiro zum achten Mal nach dem WM-Titel. Dreimal (1954, 1974 und 1990) wurde das deutsche Team Fußball-Weltmeister, viermal (1966, 1982, 1986 und 2002) scheiterte es im Finale.

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Dazu stehen in der Erfolgsbilanz mit 13 Halbfinal-Teilnahmen noch vier dritte Plätze (1934, 1970, 2006 und 2010) sowie der vierte Rang von 1958.

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Elf Tore haben die Deutschen in ihren bisherigen sieben WM-Finals geschossen. Max Morlock eröffnete am 4. Juli 1954 in Bern den Reigen, Andreas Brehme beendete ihn vorerst am 8. Juli 1990 mit dem Elfmetertor zum 1:0-Finalsieg über Argentinien in Rom. Im bisher letzten WM-Endspiel am 30. Juni 2002 in Yokohama gegen Brasilien blieb Deutschland erstmals torlos.

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Die sieben deutschen WM-Endspiele:

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4. Juli 1954 in Bern: 3:2 gegen Ungarn

Der „Geist von Spiez“ und die Schlitzohrigkeit von Bundestrainer Sepp Herberger, hieß es später, hätten das „Wunder von Bern“ ermöglicht. Herberger hatte in der Vorrunde ein 3:8 gegen die seit vier Jahren ungeschlagenen Ungarn in Kauf genommen. Jugoslawien wurde im Viertelfinale mit 2:0, Österreich im Halbfinale mit 6:1 besiegt. Im Berner Wankdorf-Stadion lief zunächst alles wie erwartet. Nach acht Minuten führte der hohe Favorit durch Tore von Puskas und Czibor mit 2:0. Doch in der 10. Minute gelang dem Nürnberger Max Morlock der Anschlusstreffer, nur acht Minuten später führte einer der Eckbälle von Fritz Walter zum 2:2 durch Helmut Rahn. Der „Boss“ schoss in der 84. Minute auch das 3:2. Der Erfolg vermittelte der geteilten Nation neun Jahre nach Kriegsende das Gefühl: „Wir sind wieder wer.“

30. Juli 1966 in London: 2:4 nach Verlängerung gegen England

Nur einer hatte es genau gesehen: Bundespräsident Heinrich Lübke. „Der Ball war drin“, befand er. Jeder andere, auch Schiedsrichter Gottfried Dienst, war sich nicht sicher. Doch das „Wembley-Tor“ zählte. Der sowjetische Linienrichter Bachramow erkannte den Schuss von Hurst an die Lattenunterlatte in der 101. Minute als Treffer an. Um die Welt ging ein Bild von Uwe Seeler, der zwischen zwei Bobbys mit gesenktem Kopf das Fußball-Mekka verließ. Deutschland war durch Haller in Führung gegangen. Hurst glich aus, Peters brachte England in Führung. Weber brachte die Deutschen mit dem 2:2 eine Minute vor Schluss in die Verlängerung. Hurst gelang noch das 4:2. England war Weltmeister, das DFB-Team verdiente sich weltweit Anerkennung durch die Art, wie es die umstrittene Entscheidung beim 3:2 hinnahm.

6. Juli 1974 in München: 2:1 gegen die Niederlande

Am 22. Juni lag Deutschland (West) am Boden: In Hamburg gewann die DDR durch ein Tor von Sparwasser das Spiel, das Bundestrainer Helmut Schön auf keinen Fall verlieren wollte. Erst ein reinigendes Gewitter im Quartier in Malente brachte die Elf auf Titelkurs. Jugoslawien (2:0), Schweden (4:2) und Polen (1:0) wurden in der 2. Finalrunde bezwungen. Im Finale warteten die Niederländer. In der 1. Minute foulte Uli Hoeneß Cruyff, Neeskens verwandelte den Elfmeter zum 0:1. Als Hölzenbein (23.) im Strafraum fiel, gab Referee Taylor wieder Strafstoß. Breitner glich aus. Die Entscheidung fiel in der 43. Minute. Gerd Müller traf aus der Drehung zum 2:1. Danach gab's Zoff: Die Funktionärs-Frauen durften zum Bankett, die Spieler-Frauen nicht. Gerd Müller, der „Bomber der Nation“, machte Schluss.

11. Juli 1982 in Madrid: 1:3 gegen Italien

Die deutsche Elf hatte schon vorher Porzellan zerschlagen. Nach der Vorbereitung am „Schlucksee“, viel Streit unter einem wenig souveränen Bundestrainer Jupp Derwall in den WM-Quartieren und dem schlimmen Spiel in Gijon beim Nichtangriffspakt gegen Österreich (1:0) hatte die Mannschaft zu Hause und in der Welt jede Menge Kredit verspielt. Da nutzte auch das grandiose Halbfinale von Sevilla gegen Frankreich (3:3) mit dem ersten Elfmeterschießen der WM-Geschichte (5:4) nicht viel, zumal Torwart Schumacher den Franzosen Battiston schwer verletzte. Im Finale gegen Italien hatten Derwalls Glücksritter keine Chance, obwohl Schumacher sogar einen Elfmeter von Cabrini parierte. Rossi, Tardelli und Altobelli schossen nach torloser erster Hälfte ein 3:0 heraus, ehe Breitner noch verkürzte.

29. Juni 1986 in Mexiko-Stadt: 2:3 gegen Argentinien

Die Niederlage gegen Dänemark (0:2) in Queretaro eröffnete der DFB-Elf in der Hitze von Mexiko den leichteren Weg durch die K.o.-Runde. Im Achtelfinale erzielte Matthäus kurz vor Schluss den Siegtreffer beim 1:0 über Marokko, gegen Gastgeber Mexiko musste das Elfmeterschießen helfen. Erst im Halbfinale überzeugte die Elf von Franz Beckenbauer. Brehme und Völler schickten Frankreich wieder ins kleine Finale. Im Endspiel schien vor 114 800 Zuschauern im Aztekenstadion schnell die Luft raus. Ein Fehler des bis dahin überragenden Torwarts Schumacher führte zum 0:1 durch Brown. Valdano erhöhte auf 0:2. Doch Rummenigge und Völler glichen aus. Als dann ein heißes Herz den kühlen Kopf ersetzte, kam der Konter. Maradona spielte einen Traumpass, Burruchaga beendete die deutschen Träume.

8. Juli 1990 in Rom: 1:0 gegen Argentinien

Mit einem grandiosen 4:1 über Jugoslawien startete die DFB-Auswahl in Mailand in eine WM, der sie nachhaltig den Stempel aufdrückte. Im Halbfinale war aber erneut ein Elfmeterschießen nötig, ehe der Weg frei war für die Revanche gegen Maradona & Co. Im wohl besten Spiel der Titelkämpfe stand es nach 120 Minuten 1:1 gegen England - als Waddle den vierten Elfer in die Wolken jagte, war Deutschland weiter. Gegen eine durch vier Ausfälle geschwächte argentinische Elf musste ein umstrittener Elfmeter herhalten: Brehme verwandelte fünf Minuten vor Schluss. Der große Maradona war in Tränen aufgelöst, der noch größere Beckenbauer genoss gedankenverloren auf dem Rasen des römischen Olympiastadions seinen Triumph: Als Zweiter nach dem Brasilianer Mario Zagallo Weltmeister als Spieler und Trainer.

30. Juni 2002 in Yokohama: 0:2 gegen Brasilien

Die erfolgreichsten Teams der WM-Geschichte trafen erstmals bei einer Endrunde aufeinander - und dann gleich im Finale. Nach dem Traumstart beim 8:0 gegen Saudi-Arabien hatte die deutsche Elf im Turnierverlauf immer mehr an Qualität eingebüßt und war nur durch Michael Ballacks Tore gegen die USA und Gastgeber Südkorea so weit gekommen. Doch ausgerechnet im Endspiel war der Teamleader wegen zweier Gelber Karten zum Zuschauen verurteilt. Und dann patzte auch noch der „Titan“: Oliver Kahn ließ nach 67 Minuten einen Schuss von Rivaldo nach vorne abprallen, Ronaldo reagierte am schnellsten und schob den Ball zum 1:0 ein. Zwölf Minuten später machte erneut „El Fenomeno“ alles klar. Trotz der Final-Pleite wurde Rudi Völlers Mannschaft bei der Rückkehr in Frankfurt wie ein Weltmeister empfangen.