Tagebuch aus Belek (2): Von Luxus-Rasen und einem Punchingball

Wuppertal/Belek. Tag 6 im Trainingslager des WSV in Belek. Bei inzwischen kühlem aber ruhigem Wetter hat der Mittwoch nicht nur für die Mannschaft früh begonnen. Während acht Spieler bereits um 7 Uhr mit Konditionstrainer Thomas Ediger im Kraftraum Stabilisierungsübungen machen, bittet Manager Markus Bayertz die am Tag zuvor angekommenen Sponsoren und WSV-Freunde um 8 Uhr zum Morgenjogging.

Nicht alle nehmen an, mit dabei ist aber unter anderem der Gewinner der Losaktion des WSV-Freundeskreises, durch die das Trainingslager mitfinanziert wurde, Holger Junius. Er wurde vom Freundeskreis nach Belek eingeladen. „Ich freue mich wie Bolle, dass ich hier dabeisein darf“, meint der Radevormwalder, WSV-Sympathisant und Bayern-Fan - und zeigt auch gleich morgendlichen Einsatz. Eine Runde um den Golfplatz des Hotels soll an diesem Morgen genügen. Genau richtig, um nach dem langen Abend zuvor wieder frisch zu werden.

Während für die Mannschaft um 23 Uhr Zapfenstreich war, diskutierten die Neuankömmlinge zum Teil noch bis gegen 2 Uhr locker über Fußball im allgemeinen und den WSV im speziellen. „Die Entwicklung geht doch in eine sehr positive Richtung“, versicherte Lothar Stücker von der Wuppertaler Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Anwaltskanzlei, Stücker, Newger, Dahlmann und Partner, die den WSV bei der Neuaufstellung rechtlich berät. Derzeit sei er unter anderem mit der Vorbereitung der Lizenzierungsanträge beschäftig. Strücker ließ keinen Zweifel daran, dass es ein großes Pfund ist, dass der Verein von Friedhelm Runge am 1. Juli schuldenfrei an einen noch zu findenden Nachfolger übergeben werden soll.

Heiß diskutierten unterdessen Präsident Friedhelm Runge und Dirk Sachsenröder vom Wirtschaftsrat, warum es so schwierig ist, neue finanzielle Unterstützung in der Wirtschaft zu finden. Während Runge meint, man müsse Wuppertals Unternehmer nur richtig ansprechen, hat Sachsenröder einen Stimmungswechsel beobachtet. „Ich selbst habe bestimmt 100 Unternehmer angesprochen. In vielen Positionen dort sind gar keine Wuppertaler mehr, so dass der lokale Bezug schwierig herzustellen ist. Andere wollten von vornherein lieber Kultur oder Jugend unterstützen." Dennoch sei man auf gutem Wege, bereits jetzt zumindest einen Minimaletat für kommende Saison auf die Beine zu stellen. „Um höhere sportliche Ziele ansteuern zu können, müssen wir aber noch kräftig weiter werben“, sagte Sachsenröder. Er hat in die Türkei Ehefrau Nicole mitgebracht, die auch mal vom Thema Fußball ablenkt.

Was mit mehr Geld möglich ist, wurde unter anderem Runge und Sachsenröder am Abend zuvor beim Ausflug auf die Luxusanlage des benachbarten Hotels Calista vor Augen geführt. Dort spielte Wuppertals Trainer-Export Holger Fach mit seinem Club Lokomotive Astana gegen den russischen Erstligisten Dynamo Minsk (1:2). Nicht nur das schnelle und oft schnörkellose Spiel beider Teams hat den Wuppertalern gefallen, sondern auch der Rasen. Der erinnert in seiner Qualität fast an das benachbarte Golfgrün.

Der WSV muss sich im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten mit etwas weniger begnügen. Im etwa 20.000 Euro teuren Gesamtpaket im Kaya Riu Belek ist auch die Nutzung der ordentlichen, aber mit Nutzungsspuren versehenen Rasenplätze enthalten. „Wenn man bedenkt, dass jetzt in Wuppertal bei Schneeregen zum Teil wieder Plätze gesperrt sind, sind wir hier goldrichtig", schmunzelt Manager Markus Bayertz, der gerade eben mit dem daheimgebliebenen Jugendkoordinator Rolf Duhrt telefoniert hat. „In Deutschland hätten wir da schon wieder rumeiern müssen“, meint er.

In Belek kann Trainer Michael Dämgen dagegen sein Prgramm planmäßig durchziehen. Das heißt ab 9 Uhr Training auf Platz A: Positionsspiel, planmäßige Angriffszüge und obendrauf noch Freistöße. Am Nachmittag geht es dann auf den besseren Platz C des Hotels. So ist der Rhythmus in Belek für die Spieler immer gleich, der Einsatz aber nach wie vor hoch.

Da mault höchstens Spaßvogel Tom Moosmayer. „Warum muss ich denn die ganze Zeit die linke Schiene rauf- und runterlaufen, macht ihr doch auch mal mit“, meint er zu den Kibitzen am Rand. Die sollen übrigens am Freitag planmäßig bei einer Trainigseinheit ein paar Bälle mitspielen dürfen. Auch ich bin schon sehr gespannt darauf, muss aber wohl vorher noch einmal den Physios kontaktieren.

Das muss übrigens auch Klaus Kranauge, WSV-Fan vom Fanclub "Die Falken", der sich in der Hotel-Spielhalle am Punchingball versucht hat und es immerhin auf eine angezeigte Schlagkraft von 470 Kilogramm bringt. Er hat aber so kräftig zugeschlagen, dass die Hand anschließend bandagiert werden musste. „Denk an Rot-Weiss Essen!" - haben ihn zuvor seine Fankollegen angefeuert. Ein bisschen von diesem Einsatz könnte den WSV-Spielern beim Pokalspiel in Essen in zwei Wochen sicher nicht schaden.
Den Rekord am Punchingball im Kaya Belek hält übrigens immer noch WSV-Keeper Sascha Samulewicz. Der hat es locker auf 510 Kilogramm gebracht — und das noch ohne an Essen zu denken.