Kaymer wehrt sich: „Bin auf richtigem Weg“

Blackpool (dpa) - Stundenlang feilt Martin Kaymer auf der Driving Range im Royal Lytham and St. Annes Golfclub an seinem neuen Schwung. Er lacht zwischen seinen Schlägen, plaudert kurz mit Caddie Christian Donald und wirkt zufrieden.

„Ich habe viel weniger Stress als alle anderen, weil ich weiß, dass ich genau auf dem richtigen Weg bin“, sagte Kaymer im Interview der Nachrichtenagentur dpa vor seinem Start in die 141. British Open. Der 15. der Weltrangliste der Golfer wehrt sich gegen seine Kritiker, die ihm bei zuletzt ausbleibendem Erfolg vorwerfen, zu viel zu verändern und zu wenige Turniere zu spielen.

„Die Leute machen sich mehr Gedanken als ich selbst. Ich war vor zwei Jahren die Nummer 1 der Welt, aber unzufrieden mit meinen eingeschränkten Möglichkeiten. Ich konnte den Ball nicht dahin schlagen, wo ich ihn hinhaben wollte“, erklärte der 27-Jährige seine Grundlagenarbeit mit Trainer Günter Kessler. Dem Weltklasse-Athlet aus Mettmann mit dem Hang zur Perfektion fehlte der Draw in seinem Repertoire, das gezielte Schlagen des Balles mit einer leichten Linkskurve.

Dasselbe Problem hatte auch Tiger Woods, der ebenfalls in Kauf nahm, vorübergehend schlechter zu spielen. „Ich bin mitten in einem Prozess“, sagte der 36 Jahre alte Kalifornier, der frühmorgens im Dauerregen unter Ausschluss der Öffentlichkeit seine Proberunden für das dritte Major des Jahres zog. Der Unterschied zu Kaymer: Der Tiger gewann 2012 bereits dreimal und gilt als Favorit auf seinen 15. Major-Titel.

Doch Kaymer ist von seinem Karriere-Plan überzeugt: „Für mich selber bin ich zufrieden, auf jeden Fall. Ich werde Woche für Woche besser. Ich habe fast mehr Spaß als vor zwei Jahren und habe letztes Jahr zwei Turniere gewonnen - trotz der Umstellung.“

Dennoch macht ihm die hohe Erwartungshaltung der Leute zu schaffen, er versucht bei rund 180 000 Flugkilometern im Jahr so viele Sponsorentermine wie möglich zu erfüllen. Nur Termine mit der Presse beschränkt der fast scheue Düsseldorfer auf ein Minimum. „Wenn ich Nein sage, gilt das gleich als arrogant. Aber ich schaffe nicht alles. Ein Mann kann nur seinen eigenen Weg gehen.“

Mit einer Platzierung hält sich Kaymer vor seinem Lieblingsturnier zurück. Im Vorjahr wurde er Zwölfter, schlechter soll es auch bei den stürmischen und nassen Bedingungen nicht werden. „Ich mache mich frei von Platzierungen. Letzte Woche bei den Scottish Open habe ich gut gespielt, mein kurzes Spiel und das Putten klappen immer besser. Ich freue mich und werde mit dem Wetter kämpfen.“ Zusammen mit Kollegen hat er ein Haus ganz in der Nähe an der Westküste gemietet und einen eigenen Koch mitgebracht: „Da fühle ich mich extrem geborgen.“

Zusammen mit seinen Eltern in einem Häuschen verbringt auch der zweite Deutsche im Feld der 157 Golfer, Marcel Siem, die Woche bei dem gefürchteten Major. „Ich will in die Top Ten“, lautet die klare Ansage des Ratingers, der vor zwei Wochen in Paris seinen zweiten Titel auf der European Tour einheimste und noch immer Glückwünsche von Konkurrenten entgegen nehmen darf.