Viel Lärm um Martin Kaymer
Hoylake (dpa) - Martin Kaymer gibt sich tiefenentspannt. Der ganze Rummel im Royal Liverpool Golf Club prallt an ihm ab.
Deutschlands bester Golfer ist ein gefragter Mann bei den British Open - als Mitfavorit auf den Titel sowieso, aber nach dem deutschen WM-Sieg auch als Fußball-Experte. Er habe viel gelernt von den Nationalspielern verriet er, vor allem deren Gelassenheit beim Umgang mit großem Druck. Auch die Erwartungen an Kaymer sind riesig. Noch nie hat ein deutscher Golfer die British Open gewonnen.
„Und genau das würde ich gerne irgendwann ändern!“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. „Die Open waren schon immer das Major, das ich in meiner Karriere gewinnen wollte.“ Gut vier Wochen nach seinem Triumph bei der US Open in Pinehurst will Kaymer an diesem Sonntag den deutschen Grand Slam schaffen. Der Musterprofi aus Mettmann hat durch seine Erfolge bei der PGA Championship 2010 und der US Open bereits zwei der vier Major-Turniere gewonnen. Sein Freund und Ratgeber Bernhard Langer siegte 1985 und 1993 beim Masters in Augusta - den deutschen Golf-Assen fehlt also nur noch der Titel bei einer British Open.
Doch Kaymer ist Realist, kein großer Träumer. Nach dem Auf und Ab der vergangenen Jahre weiß er die Dinge richtig einzuschätzen. „Ich bin heute ein reiferer Mensch und kann die Erfolge einfach jetzt noch besser einordnen als das noch vor ein paar Jahren der Fall war“, sagte der zweimalige Major-Champion. Auch die lange Krise nach seinem rasanten Aufstieg zur Nummer eins in der Golf-Welt im Februar 2011 überwand er mit viel Geduld und kühlem Kopf.
Kaymer hat derzeit einen Lauf bei den großen, bedeutenden Wettbewerben. Die Erfolgserlebnisse bei der Players Championship und der US Open haben ihn wieder auf Platz zwölf der Weltrangliste katapultiert. Bei jeder Veranstaltung zählt er zu den Favoriten - so auch auf der karg wirkenden Anlage in Hoylake, einem der traditionsreichsten Golfplätze Englands.
Hier an der Nordwestküste Englands will er von Donnerstag bis Sonntag um die prestigeträchtige Claret Jug mitspielen, die Siegestrophäe in Form einer silbernen Weinkaraffe. „Aber erst einmal heißt es von Tag zu Tag zu denken, das hat in den letzten Wochen sehr gut funktioniert“, sagte der Rheinländer.
Alle Stars der Szene sind bei der Open Championship am Start. Tiger Woods gibt sein Comeback, Titelverteidiger Phil Mickelson aus den USA macht sich Hoffnung, der Weltranglistenerste Adam Scott aus Australien, Rory McIlroy aus Nordirland und der derzeit beste Golfer Englands, Justin Rose, gehören wie Kaymer zu den Favoriten. Aber auch ehemalige Open-Champions wie der inzwischen 64 Jahre alte Tom Watson (USA) versuchen ihr Glück auf dem Links-Kurs an der Irischen See.
Gerade die erfahrenen Spieler kommen mit den meist schwierigen äußeren Bedingungen und wenig fehlerverzeihenden Links-Plätzen am besten zurecht, wenn es um die Entscheidung geht. Stürmischer Wind, harte und wellige Fairways, dichte Ginsterbüsche und tiefe Sandbunker machen das Spiel unvorhersehbar. Nicht immer bleibt der Ball dort liegen, wo er es eigentlich sollte - auch hier in Hoylake. Gerade Watson ist ein Meister des Links-Spiels. Der fünfmalige Open-Sieger war 2009 im Alter von fast 60 Jahren drauf und dran, zum sechsten Mal zu gewinnen. Im schottischen Turnberry verlor der heutige Kapitän des US-Ryder-Cup-Teams gegen seinen 23 Jahre jüngeren Landsmann Stewart Cink erst im Stechen.
Aber auch Kaymer kann Links-Golf. 2010 holte er bei der PGA Championship in Kohler im US-Bundesstaat Wisconsin seinen ersten Major-Titel auf dem Whistling Straits Golf Course - einem typischen Links-Platz. „Ich spiele wirklich gerne diese Art von Golf“, erklärte der zweimalige Ryder-Cup-Sieger. „Es ist nie ein Standard-Golfschlag. Man muss dabei so viel nachdenken und kreativ sein. Man muss mit dem Platz spielen, mit dem Wetter, mit dem Wind, mit allem“.