Woods wird 40: Respekt und Häme
Hamburg (dpa) - Sportsbar-Betreiber, Golfplatz-Architekt und Co-Kapitän des Ryder-Cup-Teams 2016 - Tiger Woods wird auch nach seinem 40. Geburtstag an diesem Mittwoch reichlich ausgelastet sein.
Die dringendste Frage, die sich im nächsten Lebensjahr aber stellt, ist die nach seiner sportlichen Zukunft. Kann der einstige amerikanische Megastar, selbst wenn er seine Rückenprobleme in den Griff bekommen sollte, überhaupt noch gewinnen? Viele zweifeln daran. „14 Majors, 79 PGA-Turniersiege. Ist das das Ende der Ära von Tiger?“, fragen sich die US-Medien.
Er selbst weiß es nicht. Der beschädigte Nerv in seinem Rücken gibt Rätsel auf. Nach zwei Rücken- und vier Knie-Operationen hält er sich mit Prognosen zu seiner Rückkehr auf den Golfplatz zurück. „Ich möchte keinen weiteren Eingriff. Und selbst, wenn ich nicht zurückkomme und spielen kann, möchte ich immer noch ein gutes Leben mit meinen Kindern haben“, sagte der Kalifornier jüngst in einem Interview mit dem „Time Magazine“. Seine Fortschritte auf der Playstation sind derzeit rasanter als die im Reha-Center.
Bei einer Umfrage unter den 100 besten amerikanischen Golflehrern gaben 57 Prozent an, nicht mehr an den 15. Majorsieg des einstigen Dominators der Szene zu glauben. Sein letzter bei der US Open 2008 liegt bald acht Jahre zurück. Zeit hat er noch reichlich, denn auf der Senior Tour der über 50-Jährigen kann sich noch niemand den einst so gefürchteten wie respektierten Ausnahmespieler vorstellen, der 683 Wochen die Weltrangliste angeführt hat.
Beim US Masters in Augusta darf Woods per Einladung noch etliche Jahre antreten, bei der US Open wegen seines Sieges 2008 noch bis 2018, bei der British Open bis er 60 ist und bei der PGA Championship auf Lebenszeit. Und doch scheint sein Karriere-Ziel, die 18 Titel von Jack Nicklaus zu übertrumpfen, unerreichbar.
Nicht nur, weil dem einstigen Großmeister die Leichtigkeit abhanden gekommen ist. In seinem Schatten entwickelte sich eine Generation von Jungen Wilden, die der 22-jährige Jordan Spieth aus Texas anführt. So unbeschwert und ohne Zweifel, wie „Tiger“ in seinen jungen Jahren am Finaltag im aggressiv-roten Shirt von Erfolg zu Erfolg eilte, wird er wohl nie wieder spielen.
Für den nächsten Ryder Cup Ende September in Minnesota, wo er sich mit der Rolle des Wasserträgers abgefunden hat, und die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro wird er sich sportlich nicht qualifizieren. Im Weltranking rutschte er von Position 32 Ende 2014 auf nun 416 ab. „Spaß macht das alles nicht“, bekannte er im Juli bei der British Open, als er schon wieder den Halbzeitcut verpasst hatte.
Eine Schmach für einen, der zwischen 1998 und 2005 kein einziges Mal vor den Finalrunden die Schläger einpacken musste. „Er ist verloren. Der Künstler ist zum Mechaniker geworden“, lautete im Sommer die Analyse des früheren amerikanischen Majorsiegers Paul Azinger.
Während der verletzte Woods sich in diesem Herbst viel um seine Kinder Sam und Charlie sowie um seine diversen Geschäfte und die „Tiger Woods Foundation“ kümmerte, die Stipendien an Jugendliche aus einkommensschwachen Familien vergibt, veröffentlichte sein ehemaliger Caddie Steve Williams ein Buch über den Sport-Milliardär. Einer der Hauptvorwürfe bei der lukrativen Abrechnung mit dem langjährigen Arbeitgeber lautete, Woods habe den Australier wie einen Sklaven behandelt. Auch Williams wurde an der Seite von Woods zum Millionär und solle sich schämen, kritisierten nicht nur die „Tiger“-Fans.
Der alternde und polarisierende Golf-Hero wurde in der Branche schon vor seinen privaten Eskapaden wenig geliebt. In Interviews gibt er sich inzwischen mehr Mühe als früher, auf dem Platz flucht er weniger. Nach dem Ehe-Aus mit Elin Nordegren und der gescheiterten Beziehung zu Lindsey Vonn konzentriert er sich zurzeit auf seine Vaterrolle. „Daddy hat einige Fehler gemacht“, lautet seine Erklärung für seine Kinder, die nicht von anderen erfahren sollen, was er abseits des Platzes angestellt hat.