Hambüchen-Infekt gefährdet Reck-Finale
Glasgow (dpa) - Die Schock-Nachricht machte einen Strich durch alle Final-Planungen. Fabian Hambüchen musste acht Stunden vor dem Wettkampf seinen Start beim Mehrkampf-Finale der Turn-Weltmeisterschaften in Glasgow wegen eines Infekts absagen.
„Das ist kein taktisches Spielchen. Zwar ist er fieberfrei, aber es hat ihn richtig erwischt“, bestätigte sein Vater und Trainer Wolfgang Hambüchen der Deutschen Presse-Agentur.
„Es ist natürlich schade, dass ich nicht starten kann. Aber mit Blick auf die Reck-Entscheidung ist es die richtige Entscheidung“, ließ der deutsche Hoffnungsträger über den Deutschen Turner-Bund mitteilen. „Er ist seit Tagen leicht erkältet, am Donnerstag im Training sind die Probleme schlimmer geworden“, berichtete der Trainer. Er quäle sich mit Kopfweh und anderen Grippe-Symptomen. Mit „allem, was die Hausapotheke hergibt“, werde versucht, den Infekt zu bekämpfen.
Er hofft nun, dass sich sein Sohn in den zwei Tagen bis zum Reck-Finale erholt und sich die Erkältung nicht als Virus erweist. „Wenn das passiert, weiß ich nicht, ob noch ein Start möglich ist. Das müssen die Ärzte entschieden“, sagte Wolfgang Hambüchen.
Damit wird es jetzt umso schwerer, im Reck-Finale die Nase vorn zu haben. „Da können fünf bis sechs Turner gewinnen. Wer gut durchkommt, ist Kandidat auf eine Medaille“, sagte der deutsche Erfolgs-Turner schon vor Bekanntwerden seiner Erkältung.
Nach Siegen bei den Europaspielen und der Universiade in diesem Jahr erhofft er noch immer seine insgesamt 25. Medaille bei Olympia oder internationalen Meisterschaften. Sollte er starten können, beendet Hambüchen am Sonntag als letzter Finalist am Königsgerät die WM, zuvor greifen aber drei weitere Deutsche nach Edelmetall und wollen den Frust über die verpasste direkte Olympia-Qualifikation vergessen machen.
Für Hambüchen ist im Chemnitzer Andreas Bretschneider ein Rivale erwachsen. „Wir beide werden alles riskieren und schauen, wo wir landen“, meinte der Hesse. Dass Olympiasieger, Welt- und Europameister Epke Zonderland aus den Niederlanden im Finale fehlt, bedauert er. „Ich könnte jetzt sagen: Ein Konkurrent weniger. Aber so bin ich nicht.“
Bretschneider startet nun trotz eines lädierten Mittelfingers den Angriff auf die Etablierten. Im Training hat er Mittel- und Zeigefinger zusammengetapt und heißt bei seinen Kumpels daher nur noch Drei-Finger-Joe. Für den 26-Jährigen steht und fällt die Reck-Show mit dem Gelingen seines Doppelsaltos mit zwei Schrauben, der seit dem Vorjahr den Namen „Bretschneider“ trägt. „Ich muss Ruhe bewahren, an die Technik denken, den Kopf ausschalten“, sagte der Sachse. Er will als Start-Turner das schwierigste Element der Geschichte erstmals in einem WM-Finale packen und damit bei den Konkurrenten „ein Fracksausen“ auslösen.
Ähnlich fühlt Pauline Schäfer. Die Saarländerin hat den „Schäfer-Salto“ am Schwebbalken erfunden. Da er im Training nicht ganz sicher klappte, musste sie ihn auch am Donnerstag im Mehrkampf-Finale aus ihrem Programm nehmen. „Da haben auch andere Leute mitzureden. Ich weiß noch nicht, ob ich ihn im Finale zeigen darf“, sagte sie mit traurigem Blick. Sie brennt darauf, ihren Seitwärtssalto mit halber Drehung am Samstag zu zeigen, weil so ihre Chance auf eine Medaille enorm stiege.
Ganz anders sieht es bei Sophie Scheder aus. Über ihre drei Stürze im Vorkampf an Balken und Boden ärgerte sie sich so sehr, dass sie nun im Stufenbarren-Finale den Generalangriff auf das Podest wagt. Der von ihr entwickelte „freie Hindorff“ erhält zwar nicht ihren Namen, weil ihn auch die Britin Kelly Simm turnte, aber kräftig Punkte wird das neue Teil bei Top-Ausführung auf jeden Fall bringen.
„Im Vorkampf war ich Vierte, da habe ich meine Traumübung geturnt“, resümierte die 18-Jährige. „Im Finale will ich einiges rausreißen: Besser geht immer.“ Vor allem an Kleinigkeiten wie sauberen Handständen und der Streckung der Zehenspitzen will sie arbeiten.