11 Spieler und der Coach: Islands „deutsches“ Team
Stuttgart (dpa) - Keinen Gegner kennt die deutsche Handball-Nationalmannschaft so gut wie Island: Gleich elf Profis des dünn besiedelten Inselstaats spielen in Deutschland. Dazu trafen beide Teams allein in den vergangenen zwei Monaten schon dreimal aufeinander.
„Ich weiß nicht, für wen das ein größerer Vorteil ist. Ich weiß aber, dass wir gegen Deutschland unbedingt gewinnen müssen“, sagte Islands Nationaltrainer Gudmundur Gudmundsson der Nachrichtenagentur dpa vor den beiden wichtigen Duellen in der EM-Qualifikation.
Sein Team steht in Reykjavik und in Halle/Westfalen unter dem noch größeren Druck. Denn Island hat beim 23:28 in Österreich schon ein Qualifikationsspiel verloren. „Die Partien gegen Deutschland sind entscheidend. An ein mögliches Scheitern möchte ich gar nicht denken“, meinte Gudmundsson. Bei der WM unterlag seine Mannschaft den Deutschen mit 24:27. Unmittelbar davor gewann sie zwei Testspiele mit 31:27 und 27:23.
Im Hauptberuf trainiert Gudmundsson die Rhein-Neckar Löwen, bei denen in Olafur Stefansson, Robert Gunnarsson und Gudjon Valur Sigurdsson allein drei seiner Bundesliga-Legionäre unter Vertrag stehen. So coacht der 50-Jährige nicht nur den deutschen Gegner, sondern steht auch im Zentrum einer Debatte, die durch das WM-Debakel der DHB-Auswahl noch einmal verschärft wurde. Lässt die Bundesliga die Nationalmannschaft im Stich? Setzt sie zu wenig auf deutsche Spieler? Und hört Bundestrainer Heiner Brand deshalb im Sommer auf?
Gudmundsson möchte sich dazu nicht äußern. Er sagte nur: „Deutschland hat immer noch genug Potenzial. Ich erwarte eine motivierte Mannschaft. Die Spieler wissen, worum es geht.“
In Uwe Gensheimer, Patrick Groetzki und Oliver Roggisch trainiert er drei dieser deutschen Nationalspieler täglich im Verein. „Das ist schon ein komisches Gefühl, jetzt gegen sie anzutreten und in ein paar Tagen in der Trainingshalle wieder mit ihnen zu arbeiten“, verriet Gudmundsson. Die meisten seiner isländischen Profis trifft er ebenfalls regelmäßig im Ligaalltag wieder. Aron Palmarsson etwa spielt beim THW Kiel, Alexander Petersson bei den Füchsen Berlin.
Dass ein kleines Land mit nur 318 000 Einwohnern regelmäßig so viele und gute Spieler hervorbringt, dass es bei den Olympischen Spielen 2008 die Silber- und bei der EM 2010 die Bronzemedaille gewann, grenzt an ein kleines Handball-Wunder. „Dieser Sport passt sehr gut zur isländischen Mentalität“, erklärte Gudmundsson. „Wir sind bereit, hart zu arbeiten, zu kämpfen und mit Herz zu spielen. Das ist der Charakter unseres Landes - und so ist auch Handball.“