2013: Das verrückte Jahr des Uwe Gensheimer
Mannheim (dpa) - Das Sportjahr 2013 begann für Uwe Gensheimer mit einem Abschiedsbrief.
„Du bist mit mir durch den verschneiten Winter gewandert und hast dabei immer für warme Füße gesorgt! Man muss zwar zugeben, dass du etwas mehr Deo benutzen könntest, aber ohne Dich hätte ich es nicht geschafft! Danke. Dein Uwe!“ Diese Zeilen widmete der Weltklasse-Linksaußen der Rhein-Neckar Löwen im Februar auf seiner Facebook-Seite einem Spezialschuh, den der Handballer nach einem Achillessehnenriss im November 2012 tragen musste. Einen angestrebten Zeitpunkt für ein Comeback - es gibt ihn zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Zumindest offiziell.
Intern hingegen ist Gensheimers Ziel klar: Beim Final Four um den EHF-Pokal will er dabei sein. Und tatsächlich: Mitte Mai, beim Finalturnier in Nantes, ist der Rechtshänder zurück. Der Mannheimer ist längst noch nicht zu 100 Prozent fit. Er wagt viel - und gewinnt alles. Im Endspiel gegen Gastgeber HBC Nantes gelingt ihm beim 26:24-Sieg nichts anderes als das Comeback des Jahres: zehn Tore in gerade einmal 25 Minuten. Dafür gibt es nur ein Wort: Weltklasse. „Seit zehn Jahren spiele ich für diesen Club. Zehn Jahre haben wir auf diesen Tag gewartet. In Nantes haben wir Geschichte geschrieben“, sagte der Linksaußen rückblickend.
Den Schlusspfiff erlebte er selbst gar nicht richtig mit. Sekunden vor Spielende sank Gensheimer an der Mittellinie zusammen und legte sich auf das Feld. Er wollte allein sein. Mit sich. Mit seinen Gefühlen. Nach vier Final-Niederlagen zuvor mit den Löwen jubelten diesmal nicht die anderen, sondern er, der Kapitän und das Aushängeschild der Rhein-Neckar Löwen, die auch in Zukunft mit ihrem Publikumsliebling planen können.
Der THW Kiel wollte ihn, der FC Barcelona auch. Doch Gensheimer hörte auf sein Herz und entschied sich für eine Vertragsverlängerung bis 2016. Er hat seinen Traum: Meister mit den Löwen, mit „seinem“ Verein. Das würde ihm in seiner Heimatstadt mehr bedeuten als irgendwo anders. Und deswegen bleibt der Nationalspieler.
„Ich nehme hier eine andere Rolle als in irgendeinem anderen Verein ein. Da sehe ich mich in der Verantwortung“, sagte der zweimalige „Handballer des Jahres“, der in Heidelberg Betriebswirtschaft studiert und sich ein zweites Standbein aufgebaut hat. Löwen-Manager Thorsten Storm sieht Gensheimer nicht umsonst als „Identifikationsfigur und absoluten Leistungsträger. Er ist für mich der beste Linksaußen der Welt.“
Auf dem Feld begeistert Gensheimer mit spektakulären Trickwürfen, in seiner Freizeit lässt er seiner Kreativität beim Entwerfen von bunten Socken freien Lauf. Mit Clubkollege Andy Schmid und dem Schweizer Marko Vukelic gründete der 27-Jährige ein Modelabel. Während der Handballkarriere verdiene er zwar gut, gab der Modellathlet zu: „Aber man muss auch an die Zeit danach denken.“
Das tut Gensheimer, wenngleich das Hauptaugenmerk zurzeit auf dem Handball liegt. In der Liga spielen die Löwen um die Champions-League-Plätze mit, in der Königsklasse ist das Achtelfinale erreicht und im DHB-Pokal gehören die Badener nach dem 32:30-Achtelfinal-Coup in Kiel zu den Topfavoriten. Zum Jahresabschluss steuerte er acht Treffer zum 33:29-Erfolg gegen GWD Minden bei.
Gensheimers Optimismus wird auch nicht durch den Trainerwechsel zur nächsten Saison gebrochen. Gudmundur Gudmundsson übernimmt die dänische Nationalmannschaft, sein Nachfolger wird Nikolaj Jacobsen. Die Ambitionen sollen aber bleiben. „Wir haben uns etwas aufgebaut“, sagte Gensheimer. „Das wollen wir in den nächsten Jahren zum Ziel führen.“