Handball Ein Index für die Spielerbewertung im Handball
Wuppertal · BHC-Co-Trainer Markus Pütz macht mit einer Arbeitsgruppe die Leistung von Handballern vergleichbar.
Handball gehört in Deutschland nach dem Fußball zu den beliebtesten Sportarten überhaupt. Alleine durch die nordamerikanischen Profiligen (NHL und NBA) sind Eishockey sowie Basketball dominant – und damit auch statistisch mittlerweile nahezu optimal erfasst. Das gilt für den Handball nicht. Markus Pütz, Co-Trainer des Bergischen HC, gehört zu einer Expertengruppe, die dabei ist, dies nachhaltig zu ändern.
Bis vor ein paar Jahren wurden im Handball nur rudimentäre Werte aufgeschrieben, problemlos einsehbar ist das Archiv zudem nur für die vergangenen etwa zehn Jahre. Kein Wunder, dass die Handballszene großes Interesse an mehr statistischer Transparenz hat. Der Handball Performance Index (HPI) ist dafür ein wichtiger Baustein. „Er soll Spieler verschiedener Positionen mit unterschiedlichen Einsatzzeiten miteinander vergleichbar machen“, erläutert Pütz. Unter dem Strich bedeutet dies: Wenn Linksaußen Noah Beyer – wie am Donnerstag gegen Minden – einen HPI von 88 erreicht, ist er besser als Rückraumspieler Lukas Stutzke mit einem ebenfalls starken HPI von 77. Das ist zumindest die Idee. „Man darf nicht vergessen, dass es sich um einen Zuschauerwert handelt. Es können nur Dinge in die Bewertung einfließen, die ohne tiefes Fachwissen erfasst werden können – oder automatisch registriert werden“, sagt Pütz.
Beim jüngsten Workshop der sogenannten HPI-Taskforce stand die Integration der mit dem Chip im Trikot und Ball generierten Zahlen durch die Firma Kinexon auf dem Programm. Problemlos lässt sich schon länger herausfinden, wer den härtesten Wurf abgegeben hat. „Künftig soll auch darstellbar werden, in welchen Spielräumen welche Situation kreiert wird“, erklärt der Co-Trainer. „Wir überlegen, wie wir das zeigen können. Denn das würde zu noch mehr Spielverständnis beim Zuschauer führen.“ Aktuell ist das System noch etwas einfacher, doch es bildet bereits viele Facetten des Spiels ab. Pütz hat sich insbesondere mit der Gewichtung der Aktionen beschäftigt. So werden Tore und Paraden unterschiedlich bewertet. Beispiel: Während es für einen Treffer per Gegenstoß je fünf Punkte für den Schützen und Assistenten gibt, erhält der Torhüter nur zwei Minuspunkte für den kassierten Ball. Pariert der Schlussmann, bekommt er acht Zähler – genausoviele Minuspunkte muss sich der Werfer ankreiden lassen. Der Vorlagengeber hingegen wird beim Fehlwurf nicht bestraft, erhält aber auch keine Pluspunkte, obwohl seine Leistung unabhängig vom Erfolg identisch ist.
„So etwas berücksichtigen wir zum Beispiel in unserer internen BHC-Statistik“, sagt Pütz. „Und natürlich bewerten wir auch die Zweikämpfe, was beim HPI überhaupt nicht möglich wäre.“ Dennoch werde die Auswertung immer genauer. „Wer einen guten HPI hat, steht auch in der BHC-Bilanz ordentlich da. Die Abweichungen halten sich in Grenzen.“
So entwickelt sich der HPI, der zur Saison 2020/21 eingeführt wurde und mittlerweile durch einen errechneten Wert zwischen 50 und 100 dargestellt wird, immer mehr zu einem Werkzeug, das nicht nur für Fans interessant ist. „Alfred Gislason nutzt es auch für die Nationalmannschaft, weil er natürlich nicht jedes Spiel sichten kann“, betont Pütz, der am Sonntag seinen 37. Geburtstag feierte. Der Bundestrainer ist daher auch Teil der Arbeitsgruppe. Der gehören Teilnehmer aus allen Bereichen des Handballs an, um eine möglichst faire Beurteilung zu ermöglichen. Neben (Ex-)Profis wie Uwe Gensheimer oder Dominik Klein und Trainern (André Haber oder der ehemalige BHCer Patrick Luig) sorgt beispielsweise Jutta Ehrmann-Wolf für die Schiedsrichter-Perspektive. Kommentator Florian Schmidt-Sommerfeld betrachtet den HPI aus Sicht der Medienschaffenden. „Es ist immer wieder eine spannende Zeit, wenn wir zusammenkommen“, sagt Markus Pütz. „Die Gruppe ist gewachsen, hat eine riesige Expertise und ist sehr produktiv.“