Endlich schuldenfrei: Gummersbach will angreifen
Dortmund (dpa) - Die Feier zum 150-jährigen Bestehen ging zwar ohne Geschenk der norddeutschen Gäste, aber in bester Stimmung zu Ende. Kaum jemand im VIP-Bereich der Dortmunder Westfalenhalle verlor zu später Stunde ein Wort über die 33:36-Niederlage des VfL Gummersbach gegen den THW Kiel.
Stattdessen wurde auf die wundersame Rettung des vom Lizenzentzug bedrohten Traditionsclubs angestoßen. Die erstaunliche Hilfsbereitschaft heimischer Sponsoren hinterließ auch beim scheidenden Bundestrainer Heiner Brand mächtig Eindruck: „Es gab noch nie bessere Voraussetzungen. Vielleicht kann der VfL irgendwann wieder ganz oben angreifen.“
Binnen nur einer Woche gelang es dem Altmeister, eine Liquiditätslücke in Höhe von 2,2 Millionen Euro zu schließen. Erst sieben Stunden vor Ablauf der von der Handball-Bundesliga (HBL) gesetzten Frist am 27. Mai war die Summe beisammen. Weil Gläubiger im Zuge der Verhandlungen auf einen Teil ihrer Forderungen verzichteten, konnte der Schuldenberg in Höhe von gut vier Millionen Euro komplett abgetragen werden. Damit steht der VfL erstmals seit langer Zeit wieder ohne Verbindlichkeiten da. „Wenn die Basis auf Null ist, lässt sich einiges bewegen“, sagte der ehemalige Gummersbacher Profi Heiner Brand der Nachrichtenagentur dpa.
An der Stätte einstiger Europacup-Triumphe in der Dortmunder Westfalenhalle wurde nicht nur über die glorreiche Vergangenheit, sondern auch über die Zukunft des Vereins geredet. Nach einer stressigen Woche mit vielen Sponsorengesprächen wirkte der Aufsichtsratsvorsitzende Götz Timmerbeil im Kreise ehemaliger Gummersbacher Handball-Größen wie Brand und Joachim Deckarm sichtlich entspannt: „Endlich müssen wir keine Löcher mehr stopfen.“
Groß sind die Hoffnungen, dass der VfL nach 1996, 2000, 2009 und 2011 nicht ein fünftes Mal in existenzielle Not gerät. Schließlich ist der Aufsichtsrat diesmal mit erfolgreichen Unternehmern aus der Region besetzt. Zudem tummeln sich in der VfL-Akademie zahlreiche vielversprechende Talente. Als besonders segensreich könnte sich der avisierte Hallenbau erweisen. Gehen die Pläne auf, ist die rund zehn Millionen teure und 4000 Zuschauer fassende neue Heimstätte des VfL im Frühjahr 2013 fertig. Geschäftsführer Axel Geerken ist zuversichtlich, dass der Förderbescheid des Landes NRW über vier Millionen Euro nur noch Formsache ist: „Wir gehen davon aus, dass er bald kommt.“
Mit den Branchenführern aus Hamburg und Kiel wird man sich nach Einschätzung von Geerken auf absehbare Zeit dennoch nicht messen können. „Wir schwimmen jetzt nicht im Geld und streben einen ausgeglichenen Haushalt an.“ Doch spätestens nach Fertigstellung der Halle will man höher hinaus. Der Aufsichtsrats-Vorsitzende Timmerbeil gab nur wenige Tage nach der Rettung die Richtung vor: „An das Budget der führenden Vereine werden wir nicht herankommen. Deshalb brauchen wir andere Strategien und professionellere Strukturen.“