Ex-Handballmeister HSV schwächelt
Hamburg (dpa) - Die Handball-Hierarchie in Deutschland scheint derzeit neu geordnet zu werden. Trotz Verlusts des Großsponsors und zahlreicher Abgänge thronen die ungeschlagenen Rhein-Neckar-Löwen (20:0 Punkte) vor Champions-League-Sieger THW Kiel (19:1) an der Tabellenspitze der Bundesliga.
Der letztjährige Fünfzehnte HSG Wetzlar (13:7) träumt als Vierter vom europäischen Geschäft, und der Meister von 2011, der HSV Hamburg (12:8), muss als Siebter um einen internationalen Startplatz in der kommenden Saison fürchten. Insbesondere die Hamburger stecken in einer komplizierten Phase. Am Mittwochabend wurden sie in eigener Halle von den Rhein-Neckar Löwen mit 30:23 demontiert. „Löwen zerfleischen den kranken HSV“, titelte die „Bild“-Zeitung. Acht Minuspunkte nach zehn Spieltagen sind in der Tat eine Menge Holz.
„Ich weiß nicht, was wir verbrochen haben“, klagte HSV-Trainer Martin Schwalb. Damit meint er vordergründig nicht die fehlenden Siege, sondern sein Krankenlager. Die Leistungsträger Johannes Bitter, Oscar Carlén und Torsten Jansen fehlen seit längerem, zuletzt mussten auch Blazenko Lackovic und Spielmacher Michael Kraus passen. Derzeit stehen Schwalb nur zehn gesunde Feldspieler zur Verfügung. „Wir können es nicht ändern. Wir müssen versuchen, die Mannschaft wieder aufzurichten“, meinte der Coach.
Dennoch gibt es enorme Schwankungen. Knapp zwei Wochen zuvor hatten sich die Hamburger gegen ihren Erzrivalen THW Kiel beinahe die Lunge aus dem Hals gerannt und verpassten knapp einen Sieg (30:33). Gegen die Löwen fehlte dieser Biss. „Bei uns hat man den Eindruck, dass der eine nicht weiß, was der andere macht“, beschrieb der verletzte Pascal Hens die jüngsten Defizite. Schwalb befand, dass seine Mannschaft „über weite Strecken chancenlos war“.
Bis wieder alle Mann an Deck sind heißt die Losung: Blick gerade aus! „Morgen muss es weitergehen. Die Liga hört ja nicht auf“, sagte Allrounder Matthias Flohr. Am Sonntag spielen die Hamburger bei TuSEM Essen und wollen Besserung nachweisen. Das Krankenlager wird sich wohl nicht lichten. „Ich gehe davon aus, dass wir dieselbe Mannschaft haben werden“, meinte Schwalb.
Derweil gefällt den Kielern die Lauerstellung hinter den Rhein-Neckar Löwen nicht schlecht. Nach dem deutlichen 34:27 über den Nordrivalen SG Flensburg-Handewitt im 72. Landesderby hat sich der Titelverteidiger schon mit drei große Teams (zudem Füchse Berlin und HSV) gemessen und dabei fünf Punkte erzielt. Die Löwen hatten es bislang leichter. „Ich denke, dass wir erst in der Rückrunde den richtigen THW sehen“, kündigte Trainer Alfred Gislason vielsagend an.