Folgenschweres EM-Aus der Handballer
Leipzig (dpa) - Die EM-Gastgeber sind entsetzt, der prestigeträchtige Supercup ist gefährdet, und der Bundesliga-Spielplan muss modifiziert werden: Das historische EM-Aus der deutschen Handballer erweist sich schon einen Tag nach dem endgültigen Scheitern als folgenschwer.
Nur für Bundestrainer Martin Heuberger gab es auch gute Nachrichten: Das Präsidium des Deutschen Handballbundes (DHB) sprach dem Bundestrainer trotz der verpassten EM in Dänemark das Vertrauen aus. Und auch die Bundesliga hält ihm weiter die zugesagte Zeit für Maßnahmen der Nationalmannschaft frei.
Die wird der Schutterwälder auch dringend benötigen. Denn dem als Kräftemessen auf hohem Niveau vom 1. bis 3. November geplanten Supercup droht die Absage. Statt der Vergleiche mit den Top-Gegnern Schweden, Polen und Ägypten in Bremen und Hamburg steht jetzt der Auftakt in der Vorqualifikation für die WM 2015 in Katar an.
Und die wird die Nationalmannschaft vorerst weiter unter Heuberger in Angriff nehmen. „Das DHB-Präsidium sieht auch nach der nicht erreichten Qualifikation in keiner Weise ein Trainerproblem und ist weiter von der Arbeit des Bundestrainers Martin Heuberger überzeugt.
Wir stehen zu unserer im Sommer 2011 getroffenen Personalentscheidung. Dies stellen wir unabhängig vom Ende September bevorstehenden Bundestag fest“, teilte der DHB in einer Stellungnahme am Montag mit. Das sei das Ergebnis der turnusmäßigen Präsidiumssitzung am Sonntag in Frankfurt/Main gewesen. Die amtierende Verbandsspitze wird sich den Deligierten des kommenden Bundestages allerdings nicht mehr zur Wahl stellen.
Abhängig von der Auslosung der Gruppengegner am 27. Juni in Wien will sich der DHB um eine Verlegung der Pflichtspiele bemühen. Auf der Präsidiumssitzung in Frankfurt/Main wurde die Idee entwickelt, am Mittwoch vor dem Supercup ein Spiel auszutragen und das andere dann zwei Wochen später. Dafür müssten aber die Europäische Handball-Föderation (EHF) Grünes Licht geben und die Kontrahenten zustimmen. „Wenn das nicht möglich ist, müssen wir den Supercup absagen. Aber erstmal wollen wir mit allen Beteiligten nach einer Lösung suchen“, sagte DHB-Vizepräsident Horst Bredemeier.
Aufgrund dieser neuen Konstellation muss auch die Bundesliga ihren Spielplan verändern. Doch grundsätzlich bleibt es dabei: Die Nationalmannschaft bekommt die vereinbarten Freiräume. „Der Spielplan steht“, sagte Frank Bohmann, Geschäftsführer des Ligaverbandes HBL. Damit bleibt es auch bei den beiden Doppelspieltagen am zweiten und dritten Spieltag sowie im März 2015. Durch die Freitag-Sonntag-Runden werden Termine für die Nationalmannschaft geschaffen.
Nicht nur vom DHB, auch aus der Liga bekommt der Bundestrainer unterdessen volle Rückendeckung. „Der Bundestrainer hat die richtigen Dinge angestoßen“, sagte Bohmann. Noch-Verbands-Vize Bredemeier erklärte: „Das Problem ist nicht der Trainer. Das Problem ist der Schulterschluss zwischen Verband und Liga.“ Laut Bohmann herrschen vor allem im operativen Bereich auffällige Defizite. „Da gibt es großen Optimierungsbedarf. Ich will aber nicht, dass jetzt alle mit dem nackten Finger aufeinander zeigen und sagen: Der ist schuld“, sagte der Liga-Mann.
Heubergers Wunsch nach einer freiwilligen Selbstbeschränkung der Clubs zugunsten junger deutscher Spieler sieht er jedoch skeptisch. „Ich schätze das als schwierig ein. Eine Beschränkung hätte Vor- und Nachteile“, sagte der Geschäftsführer. Dennoch werde auf der Mitgliederversammlung der Vereine im kommenden Monat auch dieses Thema eine Rolle spielen.
Der über das zerbeulte Image hinausgehende Schaden ist national wie international beträchtlich, weil die Aufmerksamkeit sinkt. „Die großen Meisterschaften sind immer auch ein Medienleuchtturm. Das fällt jetzt weg“, sagte Bohmann. Auch die Clubs würden die Folgen zu spüren bekommen. „Wir reden seit Jahren davon, dass die Nationalmannschaft unsere Lokomotive ist. Die ist ins Stocken geraten. Das wird uns aufhalten“, meinte der HBL-Geschäftsführer.
Er denkt aber auch, dass die verpasste EM ein heilsamer Schock sein könnte, von dem man sich wieder erholt. „Da braucht man nicht die Flinte ins Korn zu werfen. Wenn wir bei der nächsten WM dabei sind, ist alles wieder gut. Dann sind wir mit einem blauen Auge davongekommen“, meinte Bohmann.
Die Dänen wird der optimistische Ausblick nicht trösten. Der EM-Gastgeber ist entsetzt über das Fehlen der Deutschen. „Das ist aus vielen Gründen eine Katastrophe“, sagte Morten Stig Christensen, Geschäftsführer des Verbandes DHF. „Es ist schade für den gesamten Handball und für uns, dass die Deutschen nicht dabei sind.“