Füchse-Weg für Kretzschmar alternativlos
Berlin (dpa) - Er war einst der Handball-Punk, hatte sogar seine eigene TV-Sendung. Nun verkörpert Stefan Kretzschmar den Experten. Vor dem Champions-League-Match der Füchse Berlin gegen Barcelona am Sonntag räumt „Kretzsche“ den Füchsen trotz der 23:34-Lehrstunde im Hinspiel Chancen ein.
„Warum soll man an einem einzelnen Tag, an dem auch die Tagesform ausschlaggebend ist, nicht auch den FC Barcelona schlagen können?“, fragt er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.
Den rasanten Aufstieg des Zweitligisten zum europäischen Spitzenteam bezeichnet der 39-Jährige als „Cinderella-Story“. Interpretationsspielräume sind in seinen Aussagen nicht zu finden - Kretzschmar liebt die klaren Aussagen. Mit Berliner Dialekt erklärt er seine Welt - und diese dreht sich meist um den Handball. Ganz genau beobachtet der extrovertierte Mode-Liebhaber die Entwicklung der Füchse Berlin seit einigen Jahren.
Nicht zuletzt, weil er zwischen 1985 bis 1993 beim SC Dynamo und beim SC Berlin spielte. „Wenn man allein den Kader der Füchse sieht, denkt man nicht, dass dies eine Weltklasse-Mannschaft ist“, meint Kretzschmar, der für Deutschland insgesamt 218 Länderspiele (817 Tore) bestritt. „Aber was sie in den letzten Jahren daraus gemacht haben, war eigentlich immer überdurchschnittlich - um es mal ganz vorsichtig zu formulieren.“
Mit dem Einzug in das Final-Turnier der Königsklasse in der vergangenen Saison feierten die Berliner um Manager Bob Hanning den bisher größten Erfolg der Vereinsgeschichte. Vor acht Jahren dümpelte der Club noch in der zweiten Liga herum. „Das ist eine Cinderella-Story. Wahnsinn, wie schnell der Verein gewachsen und dazu auch noch erfolgreich ist. Und das mit Arbeit und mit Augenmaß.“
Für Kretzschmar ist der eingeschlagene Weg der Füchse alternativlos. „Du musst in Berlin erfolgreich sein. Wenn du nur im Mittelfeld mitspielst, werden dir die Zuschauer auf Dauer fern bleiben. Den Berliner Zuschauer interessiert nur ein Gewinnerteam.“ Zweimal nacheinander erreichten die Füchse zuletzt die höchste Spielklasse des europäischen Handballs - und schraubten damit auch die Erwartungen in die Höhe.
Deshalb wird immer wieder gefragt: Wann gibt es den ersten Titel für die Füchse? „Wenn man einen Titel gewinnen will, braucht man deutlich mehr Geld. Und das ist in Berlin nicht möglich“, betont Kretzschmar. „Hier hat man keinen Mäzen, mit dem man auch einmal einen Etat von zehn oder elf Millionen Euro stemmen kann. Manager Bob Hanning weiß einfach, wo sein Limit ist.“ Und dieses liegt momentan bei rund fünf Millionen Euro im Jahr.
Hanning hat Pläne und Visionen - auch als zukünftiger Vizepräsident der Deutschen Handballbundes (DHB). Er will die Nationalmannschaft spätestens 2020 zum Olympiasieg führen. „Da stehe ich zu 100 Prozent dahinter. Er ist genau der richtige Mann, der ganz viel bewegen kann. Er lebt für unseren Sport“, sagt der ehemalige Linksaußen.