Handball-WM: Minimalziel, mehr nicht
Nach dem 36:26-Sieg über Tunesien steht Deutschland in der Hauptrunde.
Kristianstad. Eine Bestandsaufnahme fällt schwer. Die Gründe für das wechselhafte Auftreten der deutschen Nationalmannschaft sind vielschichtig. Die Darbietungen der WM-Vorrunde schwankten zwischen Aufbruchstimmung (30:25 gegen Ägypten), Debakel (23:30 gegen Frankreich) und Erleichterung nach dem gestrigen 36:26 (15:12) über Tunesien. Eine Analyse.
Die Schuldfrage Die Öffentlichkeit ist zweigeteilt. Der Boulevard macht Jagd auf den Kopf von Bundestrainer Heiner Brand. Die zweite Fraktion sieht die Mannschaft in der Pflicht.
Die Krisensituation Egal in welche Richtung das Pendel ausschlägt, die Lage nach dem Frankreich-Spiel war kritisch. Daran hat sich auch nach dem 36:26 (15:12)-Erfolg gegen überforderte Tunesier nichts geändert. Das DHB-Team war unter die französische Guillotine geraten. Um wieder aufzuerstehen, ordnete der Führungsstab eine Aussprache an.
Der Bundestrainer stellte klar, dass man gegen die Franzosen verlieren könne — aber nicht so. Er verlangte von der Mannschaft gegen Tunesien eine „klare Reaktion“. Auch DHB-Vizepräsident Horst Bredemeier sah sich zum ersten Mal in seiner neunjährigen Amtszeit genötigt, Einstellung und passables Auftreten anzumahnen.
Die Reaktion Die Mannschaft „sprach sich ordentlich aus“. Dabei scheint die Ankündigung von Michael Kraus, „jetzt trinken wir mal ein Bier zusammen und gucken nach vorn“, ein wenig geholfen zu haben. Gegen Tunesien wirkten die Deutschen bemüht. Bis zum 9:11 (20.) waren Brands Spieler aber nicht in der Lage, Tunesien spielerisch etwas Sinnvolles entgegenzusetzen. Gut, dass sich die Protagonisten im zweiten Durchgang steigerten. Ab Samstag warten Island, Norwegen und Ungarn.
Die Ursachen, Teil 1 Heiner Brand analysierte nach der Vorrunde: „Wir müssen wesentlich aufwändiger spielen, um auf ein ähnliches Niveau wie die Franzosen zu kommen. Wir sollten realistisch sein. Wir bewegen uns nicht auf diesem Niveau. Wir können vielleicht eine Halbzeit lang mit Frankreich mithalten, wir können vielleicht andere Mannschaften schlagen, aber um dieses Niveau auf Dauer zu zeigen, fehlt uns einiges. Wenn ich körperlich unterlegen bin, muss ich vorne auch mal meinen Körper zeigen.“
Die Ursachen, Teil 2 Christian Schwarzer sagte: „Bei den vergangenen großen Turnieren gab es stets Verletzungsprobleme, hinter denen sich das Team verstecken konnte. Diesmal nicht, es zählen auch keine Ausreden mehr. Von außen macht es den Eindruck, dass jeder Einzelne nur mit sich selbst beschäftigt ist, auf diese Art und Weise hat das Team keine Chance, erfolgreich zu sein.“ Laut Stefan Kretzschmar sind „die Diskrepanzen zwischen den Leistungen, die Spieler in der Bundesliga und bei der Nationalmannschaft bringen, absolut unerklärlich“.