Handball HSG-Verantwortliche nach dem ersten Sieg: „Der Trainer hat eine schwierige Aufgabe“

Nach dem ersten Sieg sprechen die Verantworlichen André Schicks und Stefan Nippes über die Entwicklung der HSG Krefeld.

Für Geschäftsführer André Schicks (l.) und Stefan Nippes (Sportlicher Leiter) ist die aktuelle Situation ein „Kraftakt“ und „Leuchtturmprojekt“.

Foto: Ja/Jochmann, Dirk (dj)

Herzlichen Glückwunsch, die Erleichterung nach dem Sieg über Dormagen war an allen Ecken spürbar. War das der Befreiungsschlag?

Stefan Nippes: Der Sieg war wichtig und überfällig. Das war endlich so ein Spiel, wie wir es uns lange vorgestellt haben. Wir haben unsere Mannschaft mit einem unbändigen Kampfgeist gesehen.

Woran machen Sie das fest?

Nippes: Ich mache das an einzelnen Faktoren fest, wie Henrik Schiffmann, der plötzlich über die linke Außenbahn kommt, nicht groß nachdenkt und ein Tor macht, wie Frededrik Stammer, der als Torwart ins leere Tor trifft. Und wir hatten die Zuschauer im Rücken, die uns fantastisch unterstützt haben.

Jetzt haben Sie dennoch erst 2:14 Punkte.

Nippes: Ja, unsere Ausgangslage hat sich mit oder ohne zwei Punkte nicht groß verändert, zumal die Konkurrenz auch gepunktet hat. Wir müssen unseren Weg weitergehen. Das Selbstvertrauen steigt; bis Weihnachten beim ersten Rückrundenspiel in Lübeck sollten schon zehn Punkte plus X her.

André Schicks: Durch die Verkleinerung der Liga auf 18 Mannschaften hat eine Verdichtung stattgefunden. Vorher gab es immer Teams, die klar für den Aufstieg und für den Abstieg nominiert waren. Jetzt kristallisiert sich heraus, dass das Feld sich halbiert, da stehen mehr Mannschaften auf der Kandidatenliste.

Zehn Punkte plus X sind bei noch zehn Partien eine Herausforderung.

Nippes: Das stimmt, aber wir haben in zwei Spielen Punkte liegen gelassen, die müssen als Extrapunkte irgendwo geholt werden.

Nach sieben Niederlagen, gab es da Gedanken, den Trainer zu wechseln?

Nippes: Ich glaube, dass wir mit keinem Trainer groß anders spielen und besser in der Tabelle stehen würden. Unser Trainer hat eine ganz schwierige Situation angenommen. Dazu muss man erst mal bereit sein, und ich finde, dass Arnar Gunnarsson eine sehr gute Arbeit macht. Leider haben die Punkte lange gefehlt, die einem Trainer die Arbeit leichter machen. Bisher wurde ohne Punkte alles kritisch beäugt. Aber nur wenn man kritisch mit sich selbst umgeht, kann man erfolgreich sein.

Also wurde die Frage gestellt, ob der Kader Zweitliga-tauglich ist?

Nippes: Der Kader ist ein originärer Drittligakader. Und die Diskrepanz zur 2. Liga und zum Profibereich ist groß. Unsere Kaderstruktur ist noch eher semi-professionell. Das können auch nicht drei oder vier externe Profis auf links drehen. Wir bewegen uns in einem Metier, wo es Vereine gibt, die einen drei- bis fünffach so hohen Etat, gewachsene Strukturen haben, unter Profibedingungen acht- oder neunmal die Woche trainieren. Aber wir versuchen unter unseren Bedingungen das Beste zu erzielen, und das haben wir gerade einmal geschafft.

Was hat dann also gefehlt?

Nippes: Außer beim Sieg gegen Dormagen hat immer gefehlt, alle Emotionen auf die Platte zu packen. Nur dann können wir erfolgreich sein.

Schicks: Den Beweis, dass es geht, haben wir gegen Dormagen geliefert. Doch gegen Rimpar, Aue, Nettelstedt und andere Gegner war diese Einstellung nur zeitweise zu sehen. Diesen Vorwurf muss sich die Mannschaft gefallen lassen.

Gab es dafür Gründe?

Nippes: Teilweise haben die Spieler die Liga noch nicht adaptiert. Außerdem haben sich die Strukturen und Positionen in der Mannschaft verändert. Der Weg in die 2. Liga ist hart. Viele Konkurrenten wie Ferndorf, Hagen oder Dormagen sind auf- und gleich wieder abgestiegen. Sie haben aber in der 3. Liga den Kader und die Strukturen beibehalten und sind dann nochmal aufgestiegen.

Schicks: Wir waren durch die Aufstiegsspiele spät dran. Die Trainerfindung war deutlich schwieriger als wir uns das gedacht haben. Dadurch ist viel Zeit ins Land gegangen, dem hängen wir noch hinterher. Wir glauben weiterhin an den Klassenerhalt. Wir versuchen aber alles in Ruhe ohne Panik weiter zu führen.

Gibt es Überlegungen, die Mannschaft zu verstärken?

Schicks: Wir haben einen ausgemachten Wunschkandidaten. Wenn wir ihn nachverpflichten könnten, würden wir sofort zuschlagen. Aber danach sieht es zurzeit noch nicht aus.

Wofür wäre ein solcher Spieler wichtig?

Nippes: Neben dem Spielfeld vor allem in der Kabine. Das ist ein Platz, der im Handball nicht zu unterschätzen und extrem wichtig ist. Hier wird besprochen, was der Trainer umsetzen will. Die ganzen Kleinigkeiten sind da wichtig, in der internen Mannschaftsführung. Max Zimmermann fiel als Vizekapitän direkt aus, Henrik Schiffmann ebenso. Simon Ciupinski kommt immer mehr nach vorne, füllt seine Rolle jetzt gut aus. Aber die Mannschaft musste sich finden, auch Lücken schließen, die Marcel Görden, Max Jäger oder ich hinterlassen haben.

Ist die HSG mit den Zuschauerzahlen zufrieden?

Schicks: Wir sind stolz auf die Zuschauerzahlen, die wir bisher erreicht haben, aber wir sind enttäuscht, dass wir nicht noch mehr erreicht haben. Wir bieten nun einmal einen hoch attraktiven Sport. Ich hoffe, das Dormagen-Spiel mit über 1000 Zuschauern gibt uns da einen weiteren Schub.

Gibt es den Wunsch an die Stadt nach mehr Unterstützung?

Schicks: Der Handballsport könnte im Amateurbereich sicherlich mehr Unterstützung auch an Trainingszeiten gebrauchen. Wir beanspruchen durch den Aufstieg mehr Zeiten. Daher gibt es nach wie vor Kämpfe um Hallenzeiten, das geht eigentlich nicht. Wir sind auf der anderen Seite mit der Unterstützung der Stadt sehr zufrieden. Das Dach soll erneuert werden, wir bekommen neue Sitzschalen, das Eingangsfoyer wurde renoviert, viel Technik wurde einge-baut, wir haben zusätzliche Räume bekommen und können uns nicht beschweren.

Adler Königshof hat jetzt eine A-Jugend-Bundesligamannschaft. Kann die HSG davon profitieren? Oder braucht die HSG eine eigene Jugendabteilung?

Schicks: Eine Nachwuchsabteilung, die egal wie gelagert ist, ist auf Dauer unabdingbar. Es muss eine Durchlässigkeit von der Jugend bis in den Herrenbereich geben. Darum haben wir einen so großen Kader. Weil wir keinen Unterbau haben.

Ist das finanziell machbar?

Schicks: Es wird ein Kraftakt, aber wir müssen das anpacken. Wenn wir Leistungssport haben wollen, muss sich da etwas entwickeln. Da sind unsere Partner Bayer Uerdingen und Adler Königshof gefragt. Aber wir müssen über den Tellerrand hinaussehen.

Nippes: Die HSG ist ein Leuchtturmprojekt für Krefeld. Aber nicht vergleichbar mit der Jugendarbeit von TuSEM Essen oder Gummersbach, das ist eine Illusion. Aber es gibt erste Schritte mit Talenten aus der Region, die in den Vormittagseinheiten bei uns mit trainieren. Das wollen wir ausbauen. Der geneigte Zuschauer will ja am liebsten Spieler hier aus der Region sehen, die noch am besten in der 2. Liga spielen.

Welche Rolle spielt Arnar Gunnarsson dabei?

Nippes: Er gilt als herausragender Spielerentwickler, hat ein hohes Ansehen, was die Ausbildung junger Spieler angeht. Aus seiner Trainertätigkeit in Island spielen als Folge gleich sechs Spieler in der 1. und 2. Liga in Deutschland. Zwei haben es sogar in die isländische Nationalmannschaft geschafft. Das ist seine Domäne, da wollen wir auch hin, wir wollen ein durchgängiges Konzept im Nachwuchs aufbauen.

Befasst sich die HSG mit einem Abstiegsszenario?

Schicks: Natürlich und wir gehen ganz offen damit um. Für uns ist klar, dass wir bis zum letzten Spieltag wahrscheinlich gegen den Abstieg spielen. Wenn wir absteigen, wollen wir zumindest gestärkt in der 3. Liga den nächsten Angriff angehen. Wir haben Ziele, wir wollen uns in der 2. Liga etablieren. Aber alles braucht seine Zeit.