Institution in der Krise: Großwallstadt droht Abstieg
Großwallstadt (dpa) - Altmeister und Bundesliga-Institution - mit diesen Attributen wird der Handball-Bundesligist TV Großwallstadt durch seine ruhmreichen Zeiten in Verbindung gebracht. Doch die glanzvollen Jahre sind passé.
Die Mannschaft von Trainer Peter David stolpert von einer Niederlage zur nächsten, zuletzt am Sonntag mit 25:33 beim SC Magdeburg. Mit lediglich drei Punkten ist der einzige bayerische Erstligist abstiegsgefährdet. Sollte der sechsmalige deutsche Meister tatsächlich absteigen, wäre dies ein Novum seit Bestehen der eingleisigen Liga 1977.
Die rasante Talfahrt des Tabellen-Vorletzten rührt noch aus der vergangenen Spielzeit her. Finanzielle Probleme zwangen den ersten deutschen Meister nach der Zusammenlegung von Nord- und Südliga vor dieser Saison zu einem Umbruch. Die Lizenz gab es von der HBL nur unter Auflagen. „Die Mannschaft hat vier Abgänge zu kompensieren. Das ist keine leichte Situation für alle, aber es war eine zu erwartende. Deshalb sind die Spieler im Kopf klar und gehen mit den Gegebenheiten besser um“, erklärte Nationalspieler Stefan Kneer, der zu den Leistungsträgern des TVG gehörte und zum SC Magdeburg wechselte.
Großwallstadt hatte kein dankbares Auftaktprogramm. Entsprechend sehen die Erklärungsversuche des Trainers aus. „Ich weiß, wir haben auswärts nur die Top-Mannschaften gehabt und zu Hause zweimal unglücklich verloren“, sagte Peter David. Dennoch: Die Zahlen sprechen für sich und sind ein Spiegelbild für die Großwallstädter Krise. Die Wurfeffektivität aus dem Rückraum lag allein gegen Magdeburg bei mageren 25 Prozent. Von 28 Versuchen erzielte der TVG ganze sieben Tore. „Da ist es fast unvorstellbar, ein Spiel zu gewinnen“, bekannte der Slowake. Und im DHB-Pokal ist sein Team bereits beim Zweitligisten ThSV Eisenach kläglich gescheitert.
Der fränkische Erstligist hat auf die Probleme kürzlich mit der Verpflichtung von Chen Pomeranz, Top-Torschütze der 2. Bundesliga, reagiert. Für den 28 Jahre alten Israeli ist es eine neue Chance, sich im Oberhaus zu etablieren. Der TV Großwallstadt will durch ihn die Schwächen im Rückraum ausgleichen. Bei seinem Debüt gegen Magdeburg fügte sich Pomeranz jedoch nahtlos in die Negativ-Statistik ein, erzielte bei drei Wurfversuchen kein Tor.
Zumindest den Einbruch in Magdeburg könne man dieses Mal leichter erklären. „Mit Michael Thiede und Steffen Kaufmann sind uns beide Linkshänder im Rückraum ausgefallen und dazu kam noch Oliver Köhrmann“, sagte David. Trotz des anhaltenden Tiefs - weitere Neuverpflichtungen sind nicht geplant. „Wir haben, was die Breite betrifft, genug Spieler. Aber der Kader ist jung und die Spieler sind noch nicht so weit“, erklärte der Coach, der zugleich anfügte: „Bis jetzt ist noch nichts Großartiges passiert.“
Doch richtig brenzlig wird es, wenn die kommenden beiden Partien verloren gehen. Denn die Spiele gegen die Aufsteiger TuSEM Essen und TV 1893 Neuhausen sind richtungweisend. Essen ist punktloser Tabellenletzter, Neuhausen rangiert mit fünf Punkten als 15. zwei Plätze vor Großwallstadt. „Und wenn das auch nicht funktioniert, dann haben wir ein echtes Problem“, bekannte David.