„Lon-don“ - Handballer träumen weiter von Olympia
Nis (dpa) - Eine große Grillplatte, ein Bierchen und dann am Freitag in bester Stimmung ab mit dem Bus nach Belgrad: Nach dem unerwarteten Gruppensieg versetzten sich die deutschen Handballer in den Gute-Laune-Modus und belohnten sich mit serbischen Köstlichkeiten.
Durch das überzeugende 29:24 im letzten Vorrundenspiel in Nis gegen den WM-Vierten Schweden und den Wandel vom unsicheren Kantonisten zum EM-Überraschungsteam machte die Dienstreise im verregneten Serbien auf einmal wieder ganz viel Spaß. Das Team von Bundestrainer Martin Heuberger hat sich für das Großprojekt Olympia-Qualifikation die optimale Ausgangsposition erarbeitet. Mit 4:0 Punkten aus den Siegen gegen Mazedonien (24:23) und Schweden startet die DHB-Auswahl am Samstag gegen Gastgeber Serbien in die Hauptrunde.
„Der Traum lebt weiter“, betonte Abwehrchef Oliver Roggisch und schickte im Telegrammstil seine Vorrundenanalyse hinterher: „Deutschland, Turniermannschaft. Erstes Spiel Katastrophe, zweites Spiel besser, drittes Spiel schon richtig gut.“ Da lässt sich für den Profi der Rhein-Neckar Löwen auch der Nasenbeinbruch aus dem Spiel gegen die Schweden leichter ertragen, der ihn in den nächsten Partien behindern wird. „Die Nase ist an einer Stelle gebrochen, wo sie schon mal gebrochen war. Sie ist jetzt noch ein bisschen krummer als sie eh schon war“, sagte Roggisch.
Der Aufwärtstrend nach einem schwachen EM-Einstand mit der Niederlage gegen die ausgeschiedenen Tschechen gibt den deutschen Handballern das Selbstvertrauen und die Zuversicht, auch zum Hauptrundenauftakt gegen die punktgleichen Serben auf Erfolgskurs zu bleiben. „Wir müssen das abspeichern, was wir vollbracht haben mit Disziplin und Spielintelligenz. Das ist überragend, wenn wir so weiterspielen“, erklärte Linksaußen Dominik Klein. In der riesigen Arena Belgrad mit 20 000 Plätzen muss sich der WM-Elfte nicht nur gegen den Gastgeber, sondern auch gegen dessen begeisterungsfähige Anhänger behaupten. „Das wird ganz schwer. Serbien ist ein Kandidat fürs Halbfinale“, urteilte Rückraumspieler Holger Glandorf.
Zwei Tage nach Serbien ist der WM-Zweite Dänemark am Montag der nächste Kontrahent. Zum Abschluss der Hauptrunde am Mittwoch wartet dann das wohl möglich entscheidende Spiel um einen Platz für ein Olympia-Qualifikationsturnier gegen Polen.
Vor jeder Partie stimmen sich die deutschen Spieler mit dem Schlachtruf „Lon-don“ auf ihre Mission ein. „Wir haben das Ziel und das werden wir nicht aus den Augen verlieren“, versprach Bundestrainer Martin Heuberger, warnte aber vor übersteigerten Erwartungen: „Wir brauchen jetzt nicht ans Halbfinale zu denken oder sonstwas. Der Anspruch ist nicht, Europameister zu werden. Wir müssen kleinere Brötchen backen.“ Darin fand er Zustimmung bei Roggisch. „Es wäre ein Fehler, jetzt abzuheben. Wir konzentrieren uns auf die Olympia-Qualifikation. Wenn wir die erreicht haben, können wir über alles andere reden“, stellte er klar.
Dennoch hat seine Mannschaft in zwei Spielen hintereinander eine nicht erwartete mentale und gegen Schweden auch spielerische Stärke gezeigt. Vor der Partie gegen die Skandinavier stand die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) enorm unter Druck. Die Konstellation: Hauptrunde oder Heimflug. „Ich bin extrem froh, dass wir nicht nach Hause fahren“, sagte Torhüter Silvio Heinevetter, der trotz Bauchkrämpfen eine tadellose Leistung bot, „wir haben noch ein Ziel und man hat gesehen, dass wir alle dahinterstehen.“