Neuer Mut für WM-Playoffs: Kader für Polen-Spiele steht
Lingen (dpa) - Am Ende gab es sogar Ansätze für ein Freudentänzchen auf dem Parkett. Zwei Siege gegen den Olympia-Vierten Ungarn haben den deutschen Handballern Lust auf die Qualifikation zur WM 2015 in Katar gemacht.
Einen Tag nach dem 28:24 (12:12) feierte die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) in Lingen einen 31:24 (16:13)-Erfolg gegen den renommierten Kontrahenten. Nach dem besten Länderspiel seit mehr als einem Jahr haben die enorm wichtigen Playoffs gegen Polen am 7. Juni in Danzig und am 14. Juni in Magdeburg ihren Schrecken ein Stück weit verloren.
„Das waren für uns sehr gute Tests. Das muss jetzt reichen, um gegen Polen zwei sehr gute Spiele abzuliefern“, sagte Bundestrainer Martin Heuberger. Dabei haben ihn die Rückkehrer Michael „Mimi“ Kraus und Johannes „Jogi“ Bitter mit starken Auftritten davon überzeugt, dass sie für die WM-Playoffs unverzichtbar sind. „Sie haben gezeigt, was ich von ihnen erwartet habe. Jogi hat sehr stark gehalten. Und Mimi hat Dynamik reingebracht, Verantwortung übernommen und diszipliniert gespielt“, sagte Heuberger.
Schon zwei Monate vor den Playoffs legte er sich deshalb fest, dass er mit Kraus und Bitter sowie weiteren fünf Weltmeistern von 2007 in die Polen-Spiele geht. Und überhaupt: Neuzugänge wird es bis zum Juni nicht mehr geben. „Wir haben jetzt den Kader zusammen, der auch in die Qualifikationsspiele geht, wenn sich keiner verletzt“, sagte Heuberger. Denn klar ist: Nach dem Fehlen bei Olympia 2012 und der EM in diesem Jahr kann sich der deutsche Handball nicht auch noch ein Verpassen der WM 2015 leisten.
„Das Wichtigste, was wir hieraus mitnehmen, ist Selbstbewusstsein. Die Mannschaft hat gesehen, dass sie es kann, wenn man mit viel Leidenschaft spielt und Disziplin. Dann spielen wir auch wieder tollen Handball“, sagte Rückkehrer Kraus.
Einen unfreiwilligen Beweis, wie sehr Polen in den Köpfen der Spieler schon verankert ist, lieferte Bitter. „Ich hatte das Gefühl, dass die Polen heute nicht ganz so frisch waren“, sagte der Schlussmann des HSV Hamburg nach seinem ersten Länderspiel seit dem 27. Januar 2011 - und meinte doch eigentlich die Ungarn. Mit dem 31-Jährigen als sicherem Rückhalt diktierte die deutsche Mannschaft das Geschehen in Lingen. „Das Spiel war die ganze Zeit in unserer Hand. Ich fand das sehr dominant von uns“, urteilte er.
Beeindruckt war Bitter vom Zusammenhalt in der Mannschaft. „Das war wichtig, dass wir hier 19, 20 Leute haben, die sich für die sieben auf dem Feld freuen. Das sollte unser Trumpf sein“, sagte er mit Blick auf die Playoffs. Ein Kurzlehrgang im Mai und ein Länderspiel am 4. Juni in Wetzlar gegen Norwegen sollen den letzten mentalen, emotionalen und physischen Feinschliff bringen.
Kraus, der bereits am Freitag nach 1031 Tagen erstmals wieder im Nationaldress aufgelaufen war, setzt vor allem auf den Faktor Freude. Der 30-Jährige agierte hochmotiviert und verbreitete eine gewisse Leichtigkeit. „Der Spaß ist sehr, sehr groß - fast größer als bei meinen letzten Spielen für die Nationalmannschaft“, sagte er. Geht es nach ihm, setzt er nach den Polen-Spielen seine Auswahl-Karriere im Gegensatz zu Johannes Bitter fort. „Ich würde mich freuen, wenn ich auch nach der Qualifikation weiter den Adler auf der Brust tragen dürfte“, erklärte Kraus.
Auch an Oliver Roggisch als Kapitän hält Heuberger fest. Der 35 Jahre alte Abwehrspezialist von den Rhein-Neckar Löwen war in gegen Ungarn nicht zum Einsatz gekommen und hatte beide Partien nur von der Bank aus verfolgt. „Oli hat auf dem Feld nicht mehr die Rolle, die er noch bei der WM in Spanien hatte, wo er unser Leader war“, sagte der Bundestrainer.
Er habe Roggisch nicht eingesetzt, da es ihm auch an Spielpraxis in seinem Verein mangelt. Dennoch will er nicht auf den Routinier verzichten. „Wir sind so verblieben, dass wir weiter so verfahren. Er ist für mich auch außerhalb des Spielfeldes wichtig“, sagte Heuberger. Roggisch, Weltmeister von 2007, wird nach dieser Saison Teammanager der Nationalmannschaft.
Wie wichtig das Rückkehrer-Duo für die Mannschaft ist, verdeutlichte Holger Glandorf. „Mimi ist immer für eine Überraschung gut. Gerade mit diesem Spielwitz, den er zur Zeit hat, hilft er uns enorm. Über Jogi brauchen wir keine Wort zu verlieren: Er ist ein super Torwart“, sagte der Rückraumspieler, der in Lingen mit sechs Treffern bester deutscher Torschütze war. Und dank eines nächtlichen Zahnarztbesuchs war auch das am Freitag ausgeschlagene Schneidezahnprovisorium wieder an der richtigen Stelle. „Ich kann wieder lachen“, meinte er erleichtert.