Unter Zugzwang: DHB-Team mit Frust gegen Tschechien
Brünn (dpa) - Das Rückspiel gegen Tschechien kommt schnell. Steffen Weinhold und seinen Team-Kollegen in der deutschen Handball-Nationalmannschaft ist das nur recht.
„Das ist ganz gut, weil wir dann eine Portion Frust und Wut reinwerfen können“, sagte der Linkshänder von der SG Flensburg-Handewitt, als die schmerzliche 22:24-Niederlage in Brünn besiegelt war. Wenn am Sonntag im westfälischen Halle die Tschechen zum Rückspiel in der EM-Qualifikation antreten müssen, dann könne man die Scharte schnell wieder auswetzen, so der Flensburger. „Ich bin überzeugt, dass wir die zwei Punkte holen.“
Aber nur bei einem Sieg mit mindestens drei Toren Vorsprung hätte die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) vor den letzten Partien in Montenegro und gegen Israel es noch selbst in der Hand, die EM im kommenden Januar in Dänemark als Teilnehmer zu erleben.
An Weinhold, der neben seinem Job als Handballprofi internationales Management studiert, hatte es wieder einmal nicht gelegen. Mit seinen ansatzlosen Schlagwürfen, meist verdeckt angelegt, düpierte er den starken tschechischen Torwart Petr Stochl von den Füchsen Berlin. Neun Feldtore gelangen dem 26-Jährigen auf diese spektakuläre Weise.
Aber natürlich war Weinhold hinterher traurig. Die tobende Kulisse, sagte er, habe keine Rolle gespielt, das seien doch alle gewohnt. Wie Bundestrainer Martin Heuberger machte er den Angriff als Kernproblem des deutschen Spiels aus. „Wir haben einfach den Druck im Angriff nicht aufrechterhalten können. Es fiel uns immer schwerer, gegen die 6:0-Abwehr der Tschechen anzukämpfen. Und wir haben zu viele Chancen liegen lassen. Das ist dann in der Summe zu viel.“
Wichtige Lösungsansätze für das Rückspiel hatte Weinhold schon in den Katakomben der Mestska Hala in Brünn parat. „Wir müssen von der Spielanlage breiter spielen und unsere Außen besser einbinden“, sagt der Linkshänder, der schon bei der WM in Spanien der stärkste deutsche Rückraumspieler war. „Und wir müssen konsequenter unser größtes Plus, das Tempospiel, durchziehen.“
Vor allem dafür ist Weinhold mit seiner Übersicht und Handlungsschnelligkeit prädestiniert. „Steffen hat sich bei der WM in Spanien zum absoluten Leistungsträger entwickelt“, hatte Heuberger schon zuvor seinen Musterschüler gelobt. „Er ist ein ruhiger und sachlicher Typ. Er geht im Angriff auch dahin, wo es wehtut. Für uns ist er da unersetzlich.“ Weinhold sucht stets den Kontakt zu den Abwehrspielern, verliert aber fast nie den Ball. Wenn er das Tor nicht trifft, gibt es meistens Freiwurf.
Obwohl sich auch Weinhold in Brünn ein paar Schnitzer in der Abwehr leistete, lobt der Bundestrainer den in Fürth geborenen Linkshänder auch hier. „Auch in der Abwehr ist Steffen sehr stark“, sagt Heuberger über den Spätentwickler. „Steffen war in meinen Augen schon immer ein Top-Spieler, ist aber immer ein bisschen verkannt worden.“ Speziell die Fähigkeit Weinholds, auch auf der Spielmacherposition agieren zu können, mache ihn so wertvoll, so Heuberger. Aber in Halle wird er vorwiegend auf der Shooter-Position im rechten Rückraum zum Einsatz kommen. Zu sehr ist die Nationalmannschaft derzeit auf Weinholds Tore angewiesen.