WM Nummer 6: Für Althaus ist Achtelfinale nicht genug
Novi Sad (dpa) - Das ganz große Lampenfieber ist verflogen, aber auch die sechste WM ist für Anja Althaus selbst nach 216 Handball-Länderspielen noch etwas Besonderes:
Nicht zuletzt auch deshalb soll die 31-jährige Kreisläuferin mit Schwerpunkt Abwehrarbeit das stark verjüngte deutsche Team in das Turnier in Serbien führen. „Ich bin sicher nicht mehr so nervös wie bei meiner ersten WM 2003 in Kroatien. Aber ein WM-Spiel ist nach wie vor ein großartiges Erlebnis“, sagte die Routinierin vom deutschen Meister Thüringer HC vor der Abreise der deutschen Mannschaft am Freitag. Zum Auftakt trifft der EM-Siebte an diesem Samstag in Novi Sad auf Außenseiter Australien und steht damit vor einer lösbaren Aufgabe.
Ein Erfolg im ersten WM-Match wäre für die stark verjüngte Auswahl von Bundestrainer Heine Jensen ein wichtiges Signal. Mit einem erwartbaren deutlichen Sieg gegen den Exoten könnten sich die teils international unerfahrenen Spielerinnen das nötige Rüstzeug für die schwereren Aufgaben in der Vorrundengruppe D gegen Tschechien (9.12.), Rumänien (10.12), Tunesien (12.12.) und Ungarn (13.12.) holen. Bei alldem muss das Team in ihrer Gruppe mindestens auf Platz vier einlaufen, um das Minimalziel Achtelfinale zu erreichen. „Wir rechnen uns aber durchaus Chancen aus, mehr zu erreichen“, sagte Anja Althaus.
Das sieht auch Bundestrainer Heine Jensen so, der im Vorfeld allerdings keine Prognosen wagte. „Wir fahren zur WM, um guten Handball zu spielen. Alles weitere wird man dann sehen“, sagte der Däne in Diensten des Deutschen Handballbundes (DHB). Sollten die Dinge normal laufen, werden die Schlüsselspiele in dieser Gruppe die Begegnungen mit Ungarn und Rumänien sein. Je besser die Platzierung in der Vorrundengruppe, umso einfacher könnte die Aufgabe im ersten K.o-Spiel sein. Insofern gestattet er seinem Team auch die Vision vom Edelmetall. „Träumen ist erlaubt. Schließlich müssen wir uns doch ehrgeizige Ziele setzen.“ Die bislang letzte Medaille gab es 2007 mit Bronze.
Allerdings erhielten die Erwartungen durch den kurzfristigen Ausfall von Spielmacherin Kerstin Wohlbold vom Thüringer HC wegen eines Kreuzbandrisses einen herben Dämpfer. „Wir waren sehr geschockt über die Nachricht“, sagte Clubkollegin Althaus. Den Kopf in den Sand stecken zählt aber nicht. „Jetzt müssen eben die jungen Spielerinnen ran, und wir alle gemeinsam noch mehr Gas geben für Kerstin“, so die Abwehrchefin.
Dass ihr dabei eine besondere Rolle zukommt, weiß Anja Althaus ganz genau. Mit ihrer geballten Erfahrung wird sie noch mehr die Führungsrolle übernehmen müssen. Das ist aber kein Problem für die zweifache Champions-League-Siegerin (2009, 2010 mit Viborg HK). „Es ist für die jungen Spielerinnen wichtig, dass da jemand mit Erfahrung ist, mit dem sie reden können“, sagte Althaus. „Ich bin aber auch zum Spaß machen da. Ich glaube, das kann ich ganz gut.“
Die Abwehr wird sie mit ihrer wuchtigen Art, Handball zu spielen, zusammenhalten. Im Angriff hingegen muss sich der Bundestrainer nun etwas einfallen lassen. Die jungen Kim Naidzinavicius (22) und Shenia Minevskaja (21) könnten bei ihrer WM-Premiere in diese Rolle schlüpfen. „Wir haben schon häufig die Erfahrung machen müssen, dass kurz vor einem Großturnier wichtige Spielerinnen verletzungsbedingt passen mussten“, sagte Anja Althaus und fügte an: „Für mich ist es ein positives Vorzeichen, dass wir solche Situationen in der Vergangenheit immer kompensieren konnten.“