Interview mit Holger Badstuber: „Wir sind sehr hungrig“
Holger Badstuber über defensive Schwächen in der Nationalelf und die Vorfreude auf den Gegner Niederlande.
Düsseldorf. Herr Badstuber, drei Gegentore gegen die Ukraine. War die Umstellung auf die Dreierkette zu kompliziert?
Badstuber: Es sind andere Abstände im Abwehrverbund als mit Viererkette. Aber es war ein Testspiel. Was sollten wir schon verlieren? Ich glaube, Joachim Löw wollte uns einfach mal auf die Probe stellen. Er hat das neue System bewusst offen gelassen und ließ es auch nicht üben.
Sie haben mal gesagt, das schlimmste Gefühl für Sie als Fußballspieler ist es, wenn der Ball im eigenen Tor liegt. Ist es hart bei der Nationalmannschaft?
Badstuber: Wenn man drei Tore in einer Halbzeit bekommt, nervt mich das wirklich höllisch.
Die Bayern haben in zwölf Bundesligaspielen erst vier kassiert.
Badstuber: Ja, aber in der Nationalelf gibt es öfter Umstellungen, man muss sich auf wechselnde Partner einstellen. Das Tuning kommt, wenn wir mehrere Tage zum Training haben.
Was ist für einen modernen Abwehrspieler wichtiger: Die Verteidigung oder die Spieleröffnung?
Badstuber: Er sollte beides können. Das Abwehrverhalten ist das A und O, das Grundprinzip. Aber es ist auch so, dass wir die vorderen Spieler in Aktion bringen sollen mit klugen Pässen.
Wird das Offensivspiel bei Joachim Löw mehr gefordert als im Verein?
Badstuber: Beide spielen einen ähnlichen Stil, das ist schon ein Vorteil. Ich kenne beispielsweise Bastian Schweinsteigers Laufwege, weiß, wie er den Ball haben will. Er ist ein Spieler, der kaum Bälle verliert und die Bälle sehr klug weiterleitet. Ich versuche ihn so in Aktion zu bringen, dass er die Spitzen anspielen kann.
Bei den Bayern haben Sie zuletzt mit Diagonalpässen über 50 Meter auf den Flügel viele Angriffe eingeleitet. Methode?
Badstuber: Nein, das wird nicht trainiert, sondern ist situationsbedingt. Ich weiß, dass ich diesen Pass spielen kann, und wenn ich damit vier, fünf gegnerische Spieler überbrücke, ist das gut. Wir haben ja mit Empfängern wie Thomas Müller auch Spieler, die dann eine Eins-gegen-Eins-Situation gut lösen können.
Stimmt es, dass ihr Amateurtrainer Hermann Gerland die Innenverteidiger gerne auf der Sechser-Position im Mittelfeld spielen lässt, damit sie das Passspiel lernen?
Badstuber: Ja, und das war sehr, sehr wichtig für mich. Auf dieser Position hatte ich viel Ballbesitz, musste Zweikämpfe bestreiten und in engen Situationen immer eine Lösung finden. Diese Zeit hat mich geprägt.
Sie gelten derzeit als konstantester Innenverteidiger der Nationalmannschaft. Inzwischen könnte die Frage lauten: Wer spielt neben Holger Badstuber?
Badstuber: Ja, aber ich kann die nicht beantworten. Ich habe in den letzten eineinhalb Jahren sehr viele Spiele gemacht. Es war eine erfolgreiche Zeit, darauf bin ich ein bisschen stolz.
Ist das Spiel gegen Holland der entscheidende Test vor der EM?
Badstuber: Ach, wir haben auch andere große Gegner schon geschlagen. Aber es ist ein wichtiges Testspiel. Es geht gegen den Weltranglistenzweiten. Dazu kommt die Rivalität. Es wird ein spannendes Duell und bestimmt ein schönes Erlebnis.
Sie strahlen ja.
Badstuber: Ja, weil ich mich wirklich freue. Es geht gegen den WM-Finalisten. Ich bin heiß und will gewinnen.
Erklären Sie uns noch, warum Deutschland im kommenden Jahr Europameister wird.
Badstuber: Weil es unser Ziel ist. Und weil wir hungrig sind, sehr hungrig.
“ Deutschland - Niederlande, Dienstag, 20.45 Uhr/ZDF