„Air Lavillenie“: Nach Weltrekord applaudiert Bubka
Donezk (dpa) - Als „Air Lavillenie 0616“ nach dem historischen Traumflug gelandet war und die Halle der Freundschaft bebte, da applaudierte auch Anzugträger Sergej Bubka mit süß-saurer Miene.
Ausgerechnet im „Wohnzimmer“ des legendären Ukrainers, in dessen Heimatstadt Donezk, hat der Franzose Renaud Lavillenie einen der hochkarätigsten Leichtathletik-Weltrekorde geknackt. Und wie! Leicht und locker segelte der Stabhochsprung-Olympiasieger beim 25. Meeting der Stars über 6,16 Meter - im ersten Anlauf.
Der Held des Abends streckte die Arme nach oben, schielte etwas misstrauisch zur Latte und rannte dann wie ein Irrwisch im Zick-Zack auf die ersten Gratulanten zu. Dann ließ er 6,21 Meter auflegen, ein (noch) gescheiterter Versuch als Fingerzeig auf künftige Taten.
Nach fast 21 Jahren war Bubkas fabelhafter Hallen-Weltrekord von 6,15 Meter, am 21. Februar 1993 am gleichen Tatort aufgestellt, um einen Zentimeter überboten. Die Eishockey-Halle „Druschba“ kochte, IOC-Mitglied Bubka applaudierte auf dem VIP-Rang, begab sich dann zur Huldigung seines Nachfolgers in den Innenraum - und umarmte den 27 Jahre alten Franzosen sogar.
„Dieser Weltrekord ist so ein Mythos, und ihn im ersten Versuch zu brechen, ohne (die Latte) zu berühren - was soll man da noch sagen?“, jubelte Lavillenie. „Das ist einfach ein Augenblick zum Genießen.“ Dann twitterte der Olympiasieger und Europameister: „Das ist unglaublich, ich bin immer noch in der Luft.“ Im Sportblatt „L'Equipe“ landete der Franzose auf der Titelseite.
Lavillenie schwebte im siebten Himmel, der einstige Überflieger Bubka wirkte in seinem dunkelblauen Zwirn wie ein Irdischer. 35 Weltrekorde hatte Mr. Pole Vault mit seiner „Salamitaktik“ in den Jahren zwischen 1984 und 1994 aufgestellt, seinen spektakulärsten hat er nun verloren. Und im Sommer, das ist sicher, wird der drahtige Franzose auch Bubkas 20 Jahre alten Freiluft-Weltrekord (6,14 Meter) attackieren. „Das ist ein großartiger Tag und eine fantastische Leistung“, sagte Bubka. „Ich freue mich sehr und bin stolz auf ihn, denn er ist ein großartiger Athlet und ein fantastisches Vorbild.“
Der Franzose wollte diesen Rekord, der ganze Frust über das verpasste WM-Gold von Moskau saß tief und hat ihn angestachelt. 5,84, 6,04, 6,08 Meter - nach dieser Hallen-Saisonserie lag etwas in der Luft. Mit seinem Coup hat sich der 1,76 Meter große und 69 Kilo leichte Modellathlet in den Leichtathletik-Annalen verewigt. 6,16 Meter bei Bubkas Haus-Meeting - das ist mehr als eine Genugtuung. Und ähnlich spektakulär wie der Riesensatz von US-Weitspringer Mike Powell, der den „Jahrhundert-Weltrekord“ von Bob Beamon (8,90 Meter) bei der WM 1991 um fünf Zentimeter übertrumpfte. Nach 23 Jahren.
In Moskau musste sich der Franzose im vorigen August überraschend seinem deutschen Rivalen Raphael Holzdeppe geschlagen geben, der 5,89 Meter sprang. Die Revanche dürfte es nun frühestens bei der Freiluft-EM in diesem Jahr in Zürich geben, auf die Hallen-WM Anfang März in Sopot muss Holzdeppe verzichten. Der 24-Jährige hat die Hallensaison vorzeitig beendet.
Seine Rückenverletzung sei zwar wieder auskuriert, habe ihn aber „zu weit zurückgeworfen“, schrieb Holzdeppe auf seiner Facebook-Seite. Er ist damit nach dem Olympia-Zweiten Björn Otto (Achillessehnen-Verletzung) bereits der zweite deutsche Weltklasse-Springer, der in Sopot fehlen wird.