Hahner-Show: Zwillinge laufen ersten Marathon gemeinsam
Frankfurt/Main (dpa) - Unterscheiden kann man die Hahner-Zwillinge eigentlich nur dadurch, dass Anna oft Ohrringe trägt und Lisa eine Brille. Letzteres gilt aber nicht auf der Laufstrecke.
Dort haben die Zuschauer immerhin das Glück, dass statt der Startnummern die Vornamen der beiden aufgedruckt sind. Am Sonntag werden die zwei größten deutschen Langstrecken-Talente in Frankfurt am Main erstmals gemeinsam einen Marathon bestreiten.
„Wir laufen nicht gegeneinander, sondern miteinander“, sagt Anna. „Wenn alles gut läuft, wechseln wir uns beim Tempomachen ab und laufen am Ende beide eine Bestzeit. Aber wenn wir kurz vor dem Ziel tatsächlich gemeinsam in die Festhalle einlaufen sollten, dann spurten wir es auch aus. Dann heißt es: bis Kilometer 42 gemeinsame Sache - und danach Feuer frei.“
Die 23 Jahre alten „Hahner-Twins“ aus dem hessischen Rimmels, die in diesem Jahr an der Universität Mainz einen Bachelor-Abschluss gemacht haben und nun gemeinsam in Gengenbach/Schwarzwald leben und trainieren, sollen beim ältesten Stadtmarathon Deutschlands der Hingucker sein. In der Laufszene sind die beiden längst Covergirls von Fachmagazinen - und sie gelten als extrem ambitioniert.
Anna war bei der Geburt 16 Minuten schneller als ihre Schwester und ist bisher auch auf der klassischen 42,195-Kilometer-Strecke etwas flotter unterwegs gewesen: Ihre Marathon-Bestzeit steht bei 2:30:14 Stunden. Allerdings wurde sie im Frühjahr durch einen Ermüdungsbruch im Fuß zurückgeworfen. Ebenso wie Lisa will sie am Sonntag die Norm für die Leichtathletik-Europameisterschaften 2014 in Zürich knacken, die voraussichtlich bei 2:31:30 stehen wird. Als Achte war Lisa, deren Bestzeit bislang zwei Sekunden unter dieser Marke liegt, im Vorjahr beste Deutsche beim Frankfurt-Marathon. In Hamburg wurde sie in diesem Jahr Vierte.
„Unser Ziel ist es, gemeinsam bei der EM in Zürich zu laufen“, sagt sie. Und Anna ergänzt: „Wir denken in unserer Planung etappenweise. Unser großes Ziel sind die Olympischen Spiele 2016 in Rio. Danach wollen wir bis 2025 weiterlaufen.“
In diesem Frühjahr sorgte das Duo für Wirbel, als es sich von seinem Coach Wolfgang Heinig trennte. Zwischen dem Bundestrainer und dem Hahner-Manager Thomas Dold hatte es Streit gegeben. Dold, der als Treppen- und Rückwärtsläufer Karriere in einer Sportlernische gemacht hat, vermarktet Lisa und Anna nicht nur sehr offensiv, sondern begleitet auch ihre Übungseinheiten als Trainingspartner und Tempomacher. Denn der „Fern-Coach“ der Hahners arbeitet im Läuferland Kenia: Der Italiener Renato Canova (68) hat schon zahlreiche Weltklasse-Athleten aus Afrika betreut und auch noch einen Berater-Job beim chinesischen Leichtathletik-Verband.
Bei Halbmarathon-Läufen sind die Hahners schon Hand in Hand als Erste über die Ziellinie gerannt. Am Sonntag in Frankfurt aber, „sind wir schon darauf vorbereitet, dass wir uns vielleicht irgendwann trennen werden“, meint Lisa. Schließlich sei es „selbst bei Zwillingen sehr unwahrscheinlich, dass beide am selben Tag das identische Niveau haben“. Für den Fall, dass es so kommen sollte, sind beide längst Profis genug. „Dann wäre keine von beiden sauer auf die andere“, sagt Lisa.