Leichtathleten fit für EM - Ernst rennt Rekord
Leipzig (dpa) - Sprint-Königin Verena Sailer, Hürden-Ass Carolin Nytra und die Kugel-Kolosse Ralf Bartels und David Storl haben den deutschen Leichtathleten mächtig Mut für die Hallen-EM in Paris gemacht.
Für den „Kracher“ der stimmungsvollen Titelkämpfe in Leipzig sorgte aber 200-Meter-Sprinter Sebastian Ernst: Mit 20,42 Sekunden verbesserte der Wattenscheider den sechs Jahre alten deutschen Rekord von Tobias Unger um 11/100. „Das ist das geilste Gefühl, das man haben kann“, sagte der neue deutsche Meister unter dem Jubel von 4000 Zuschauern in der ausverkauften Arena.
Pech für Ernst: International werden die 200 Meter in der Halle nicht mehr gelaufen. Doch auch ohne den schnellen Sprinter wollen die DLV-Asse an der Seine nicht im Trüben fischen. „Ich habe letztes Mal Bronze gewonnen. Das wird diesmal hart, weil die Konkurrenz extrem stark ist“, sagte 100-Meter-Europameisterin Verena Sailer, die 60-Meter-Gold praktisch im Vorübergehen mitnahm. „Wir haben in Leipzig den erwarteten Leistungsschub vor der EM gesehen“, sagte DLV-Cheftrainer Idriss Gonschinska.
Als Carolin Nytra leicht und locker ins Ziel stürmte, jubelten ihr die Zuschauer zu. Einen Tag nach ihrem 26. Geburtstag machte sie sich selbst das schönste Geschenk: Die EM-Dritte von der MTG Mannheim rannte die Konkurrenz im Finale über 60 Meter Hürden in Grund und Boden.
Nur mit den 7,93 Sekunden war sie nicht zufrieden. „Ich hab 'ne Gabel von meiner Geburtstagstorte gegessen - vielleicht waren das die paar Hundertstel, die heute gefehlt haben.“ Dennoch hat sich ihre Vorfreude auf Paris verdoppelt: Auch Nytras Freund Sebastian Bayer qualifizierte sich als Weitsprungmeister (8,02 Meter) für die EM.
Eine Wachablösung gab es im Stabhochsprung: Die neue Meisterin Lisa Ryzih gewann mit 4,65 Meter. Die 22-Jährige aus Ludwigshafen profitierte aber auch davon, dass die neue Rekordhalterin Silke Spiegelburg wegen Krankheit fehlte; Titelverteidigerin Carolin Hingst (Mainz) wurde mit 4,35 Meter nur Sechste. Selbst mit 2,30 Meter, die er im zweiten Versuch sicher überquerte, dürfte Hochspringer Raul Spank in Paris wohl kaum Medaillenchancen gegen die russischen Rivalen haben. „Ich hab' ein paar kleine Probleme an der Ferse“, entschuldigte sich der Sachse beim Leipziger Publikum.
Der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) will mit einem schlagkräftigen Team von „30 plus“ (Vizepräsident Günther Lohre) zur EM (4. bis 6. März) reisen. Doch der Saisonhöhepunkt ist die Freiluft-WM Ende August in Daegu/Südkorea; das große Ziel Olympia 2012 in London. „Der Stellenwert einer Hallen-EM ist nicht so groß, dass London oder Daegu in irgendeiner Form gefährdet sein dürfen“, erklärte Cheftrainer Herbert Czingon.
Bei der EM 2009 in Turin hatten 38 DLV-Athleten zehn Medaillen geholt. Um diese Bilanz wieder zu erreichen, werden sich einige Hoffnungsträger steigern müssen: Stabhochspringer Malte Mohr reichten 5,65 Meter zum Titel - mit „Wut im Bauch“ nach der mäßigen Vorstellung fliegt er nun nach Paris.
Weitspringer Bayer kam zwei Jahre nach seinem Sensations-Satz von 8,71 Meter in Turin bei den nationalen Titelkämpfen auf 8,02. Sprinter Tobias Unger hofft, seine Oberschenkel-Verhärtung noch vor Paris auszukurieren.
Am Samstag hatte David (Storl) den Goliath (Bartels) gestürzt. Der 20 Jahre alte Hoffnungsträger aus Chemnitz holte sichmit 20,70 Meter seinen ersten nationalen Titel - dem 13 Jahre älteren Neubrandenburger fehlten zwei Zentimeter zum Sieg. „Ich freue mich, wenn ich Ralf schlage. Und ich denke, er wird sich etwas ärgern“, sagte der frühere Junioren-Weltmeister Storl.
Die Sprint-Titel über 60 Meter eroberten Sailer (7,28 Sekunden) und der Wattenscheider Christian Blum (6,63). „Im Großen und Ganzen bin ich zufrieden, dass ich den Titel geholt habe“, sagte die „Leichtathletin des Jahres“ 2010, „aber ich wäre gern schneller gelaufen.“