Sensation in Rom: Gatlin schlägt Superstar Bolt
Rom (dpa) - Usain Bolt zuckte nur ungläubig mit den Schultern. Der Superstar der Leichtathletik hat zumindest auf internationalem Niveau zum ersten Mal seit August 2010 wieder ein Rennen über 100 Meter verloren.
Beim Diamond-League-Meeting in Rom war der ehemalige Olympiasieger und Dopingsünder Justin Gatlin aus den USA am Donnerstagabend in 9,94 Sekunden um eine Hundertstel schneller als der amtierende Olympiasieger und Weltrekordhalter aus Jamaika (9,95).
„Das war irre. Ich hatte keine Energie in den Beinen. Das war nicht ich heute“, sagte Bolt. Der 26-Jährige hatte vor einem Jahr schon einmal bei den jamaikanischen Meisterschaften gegen Yohan Blake verloren und war bei der WM 2011 in Daegu wegen eines Fehlstarts disqualifiziert worden. Seine letzte internationale Niederlage über 100 Meter liegt aber schon fast drei Jahre zurück - in Stockholm musste er sich seinerzeit Tyson Gay (USA) geschlagen geben. Trotzdem wollte Bolt das Rennen in Rom nicht überbewerten: „Es braucht etwas Zeit, um alle Dinge zusammenzubringen. Das muss ich bis zur WM schaffen. Die Saison ist noch sehr jung“, sagte er.
Gatlin feierte seinen spektakulären und nur am Ende noch einmal knappen Sieg mit einer Ehrenrunde. „Ja, ich bin ein bisschen überrascht, dass ich gewonnen habe“, sagte der 31 Jahre alte Amerikaner. „Es ist eine Ehre, gegen Usain zu laufen. Er ist eine Legende. Er hat mich dazu inspiriert, ein besserer Athlet und ein besserer Entertainer für das Publikum zu werden.“
Der Olympiasieger von 2004 ist zurzeit so gut in Form wie noch nie seit dem Ende seiner vierjährigen Dopingsperre vor drei Jahren. Vor seinem ersten 100-Meter-Sieg überhaupt gegen Bolt hatte er bereits die Rennen in Doha, Peking und Eugene gewonnen. Erst Olympiasieger und Weltrekordler, dann ein prominenter Dopingfall, jetzt der überraschende Bolt-Bezwinger: Gatlins Karriere ist eine der turbulentesten der Leichtathletik-Geschichte.
Aus deutscher Sicht war das Diamond-League-Meeting im Stadio Olimpico mit drei Siegen ebenfalls ein Erfolg. Speerwerferin Christina Obergföll feierte bereits ihren dritten Sieg nacheinander in der lukrativen Serie. Die Olympia-Zweite gewann mit der Weite von 66,45 Metern und liegt damit im sogenannten „Diamond Race“ nach drei von sieben Wettbewerben in ihrer Disziplin mit großem Vorsprung vorn. „Ich bin zufrieden und glücklich mit meinem Ergebnis. Ich bin auf einem guten Weg und in einer guten Form“, sagte die 31-Jährige. Zweite wurde Weltmeisterin Maria Abakumowa aus Russland (64,03).
David Storl gewann überlegen das Kugelstoßen, war mit seiner Leistung aber nicht zufrieden. „Das war ein Scheiß-Wettkampf. Ich freue mich über den Sieg, aber ich bin noch zu langsam. Mir fehlt die Spritzigkeit“, sagte der Weltmeister aus Chemnitz. Der 22-Jährige siegte mit 20,70 Metern vor dem Amerikaner Cory Martin (20,54) und dem Kanadier Dylan Armstrong (20,29). Ex-Weltmeister Reese Hoffa (USA) enttäuschte als Fünfter (20,23), Olympiasieger Tomasz Majewski aus Polen wurde sogar nur Zehnter (19,68). „Heute war ich der Einäugige unter den Blinden“, sagte Storl.
Stabhochspringer Raphael Holzdeppe feierte in Rom seinen bislang größten internationalen Sieg und ließ dabei überraschend auch den Olympiasieger Renaud Lavillenie hinter sich. Der 23 Jahre alte Olympia-Dritte gewann mit der persönlichen Bestleistung von 5,91 Metern vor dem Franzosen (5,86) sowie zwei weiteren Deutschen: Malte Mohr wurde mit 5,86 Metern Dritter, Björn Otto mit 5,80 Metern Vierter. „So ein tolles Ergebnis habe ich nicht erwartet. Jetzt ist mein Ziel, sechs Meter zu springen“, meinte Holzdeppe.
Im Diskuswurf belegte die erst 19 Jahre alte Junioren- Weltmeisterin Anna Rüh mit 62,40 Metern einen starken vierten Platz. Weitspringerin Sosthene Moguenara wurde bei ihrem Diamond-League- Debüt mit einer Saison-Bestleistung von 6,68 Metern Siebte. Zur Erfüllung der WM-Norm fehlten der 23-Jährigen nur sieben Zentimeter.
Marie-Laurence Jungfleisch übersprang in einem Weltklasse- Hochsprung-Feld 1,88 Meter und wurde Sechste. Für die zweifache Weltmeisterin Blanka Vlasic aus Kroatien reichten in ihrem zweiten Wettkampf nach fast zweijähriger Verletzungspause selbst 1,95 Meter nur zum dritten Platz. Die beiden Russinnen Anna Tschitscherowa und Swetlana Schkolina teilten sich mit 1,98 Metern den Sieg.