Stabhochspringer Otto: Superstart ins Jahr 2013
Cottbus (dpa) - Die Lichtanlage in der Lausitz-Arena war schon auf den Boden herabgefahren, das Konfetti der Siegerehrung festgetrampelt, die Werbebande von der Wand gerissen - da verteilte Björn Otto immer noch Autogrammkarten.
Eine Stunde ließ sich der Stabhochspringer mit kleinen und großen Fans fotografieren, der 35-Jährige hatte für jeden ein Lächeln auf den Lippen. „Das ist der Lohn für jahrelange Arbeit“, erklärte Otto nach seinem tollen Saisoneinstand mit 5,90 Metern in Cottbus.
Seine Popularität verdankt der Vize-Europameister aus Köln einem traumhaften Jahr 2012 mit dem Höhepunkt Olympia und der Silbermedaille. „Mich haben vier Milliarden Leute auf der Welt gesehen. Ich werde auf der Straße häufiger erkannt.“ Die Autogrammjäger in Cottbus hatte der deutsche Rekordhalter im Freien (6,01 Meter) zuvor mit dem besten Saisoneinstand seiner langen Karriere begeistert. Außerdem verbesserte Otto den Meetingrekord von Olympiasieger Renaud Lavillenie um gleich fünf Zentimeter. Der kleine Franzose hat in diesem Jahr allerdings schon 5,92 Meter stehen.
In elf Aufeinandertreffen der beiden im Jahr 2012 gewann Lavillenie neunmal. Bei Hallen-WM, Freiluft-EM und Sommerspielen schnappte er Otto den Sieg weg. In das erste Duell in dieser Wintersaison geht er zuversichtlich. Nach 23 Jahren Stabhochsprung sagt Otto: „Ich kann mich auf meinen Körper und mein Material verlassen.“ Außerdem „steht der Spaß im Vordergrund“. Das Duell mit Lavillenie will der leidenschaftliche Gleitschirmflieger gar nicht so hoch hängen.
Selbst für einen Routinier wie Otto gibt es noch Premieren: Weil die Anlaufbahn in Cottbus zu kurz ist, sprang Otto erstmals in seiner Karriere im Wettkampf nach 17 Schritten ab - sonst sind es 18. Doch der Stabartist, der Ende Dezember nach 15 Jahren Biologie-Studium endlich seine Diplomarbeit abgegeben hat, ist für Neues immer zu haben. Der Erfolg hat ihm nicht nur einen vollen Termin-Kalender mit vielen Medienanfragen beschert, er durfte auch neue Sportarten ausprobieren: Er raste im DTM-Auto über den Hockenheimring, versuchte sich im Turmspringen oder Biathlon. „Ich freue mich aber auch, dass jetzt wieder der Stabhochsprung allein im Mittelpunkt steht.“
Dass Otto die Hoffnung antreibt, doch noch einmal Gold zu gewinnen, lässt sein Trainer Michael Kühnke durchblicken: „Den Franzosen vielleicht einmal bei einer internationalen Meisterschaft schlagen, das ist auch ein Motivationsgrund“, sagt Kühnke. Bei EM und Olympia im vergangenen Sommer triumphierte Lavillenie jeweils mit 5,97.
Otto hatte im September in Aachen erstmals die 6,00 Meter überwunden und weiß damit, wie sich ein solcher Flug anfühlt. „Das hilft“, meinte Kühnke, wenn der Kampf um Gold bei der Hallen-EM in Göteborg (1. bis 3. März) wieder in diesen Sphären entschieden werden sollte. Ganz nebenbei könnte Otto noch den deutschen Hallenrekord von Danny Ecker (6,00 in Dortmund 2001) knacken - und als erster deutscher Stabhochspringer drinnen und draußen über die magische Marke fliegen.