Ü30-Krimi: WM-Generalprobe mit Gatlin, Gay und Powell
Lausanne (dpa) - Der Startschuss für den Ü30-Krimi fällt um 21.17 Uhr. Zwar ist der schnellste Mann der Welt beim Sprintergipfel in Lausanne nicht dabei, doch Usain Bolt kann sich auf flotte Grüße seiner drei schärfsten Kontrahenten aus der Schweiz gefasst machen.
Die 100-Meter-Generalprobe für die Leichtathletik-WM mit Tyson Gay (32), Justin Gatlin (33) und Asafa Powell (32) wird zum Showdown der alten Männer. Beim Diamond-League-Meeting in der Pontaise gehen sich die drei „Dauerbrenner“ am Donnerstagabend nicht aus dem Weg, sondern wagen sechs Wochen vor der Weltmeisterschaft in Peking den direkten Vergleich. Alle kehrten nach Dopingsperren zurück - schneller als je zuvor.
„Justin kann jederzeit geschlagen werden, aber man muss zugeben, dass er in dieser Saison ganz stark gerannt ist“, sagte Landsmann Gay auf einer Pressekonferenz in Lausanne. „Ich glaube, dass Alter hilft uns, dadurch haben wir mehr Erfahrung.“ Auch Powell freut sich auf den Dreikampf. „Für große Rennen wie diese zahlen die Leute doch“, meinte der Jamaikaner. „Gegen die besten Jungs zu rennen, ist immer gut. Es hilft dir, dich zu verbessern.“ Von Negativ-
Schlagzeilen hat er genug. „Wir haben als Athleten die Verantwortung, sauber zu bleiben, und das für lange Zeit“, meinte Powell. „Sauber bleiben - nur so können wird die Fans zurückgewinnen.“
Die 100 Meter sind das Sprint-Highlight bei der 40. Auflage des Meetings, die Organisatoren erwarten 14 000 Fans im Stade Olympique de la Pontaise und damit ein volles Haus. Und wie vor einem Jahr dürften die US-Oldies Gay und Gatlin den Sieg unter sich ausmachen, der Jamaikaner Powell will seinen Landsmann Bolt aber möglichst gut vertreten. Olympiasieger, Weltmeister und Weltrekordler Bolt hatte seinen Start in Lausanne Ende Juni wegen Rückenproblemen abgesagt; er wollte allerdings über 200 Meter antreten und seinen Rivalen auf der prestigeträchtigsten Strecke damit ausweichen.
Im Herbst ihrer Karriere spüren die Drei plötzlich Frühlingsgefühle, die alten Herren flitzen wie einst als Jungstars. „Das ist ein weiteres Rennen, das vierte seit Saisonbeginn“, sagte Gay bei seiner Ankunft. „Ich habe mental viel gearbeitet, und ich habe gelernt, meinen Körper besser zu managen.“ Ex-Weltrekordler Powell gefällt sich in seiner Rolle als Außenseiter. „Unter dem Radar zu sein, ist immer gut. Keiner weiß, was er erwarten kann. Du kannst jederzeit zuschlagen“, meinte der Staffel-Olympiasieger von 2008 und -Weltmeister von 2009.
Doch vor allem dieser Gatlin ist ein Phänomen: Schon elf (Olympiasieg 2004) oder zehn Jahre (Doppel-Weltmeister 2005) liegen die größten Erfolge des Amerikaners zurück. Auch von seiner vierjährigen Dopingsperre (Juli 2006 bis Juli 2010) ließ sich der wortkarge Schnellläufer nicht aus der Bahn werfen. Je oller, je doller oder Oldies but Goldies - Gatlin wird immer schneller.
Unglaublich: Seine drei besten 100-Meter-Zeiten rennt er zwischen September 2014 und Juni 2015. Am 15. Mai siegt Gatlin in Doha in 9,74 Sekunden, persönliche Bestzeit und Jahresweltbestleistung, und im Alter von 33 Jahren und 94 Tagen. Seine bis dato letzte Niederlage fügte ihm Usain Bolt zu, am 6. September 2013 in Brüssel. Seit dem 3. Mai 2014 ist Gatlin nun unbesiegt - in 17 Finals in Serie.