WM im TV-Abseits: DLV und IAAF empört über ARD/ZDF
Düsseldorf (dpa) - Usain Bolt läuft bei der Leichtathletik-WM in Daegu Fabel-Weltrekorde - und keiner kann es in Deutschland sehen? Nach dem Verzicht auf eine Live-Übertragung von ARD/ZDF droht das TV-Abseits.
Für DLV und IAAF „ein Schlag ins Gesicht“ von Fans und Athleten.
Die Empörung in der nationalen und internationalen Leichtathletik über den Verzicht von ARD und ZDF auf eine Live-Übertragung von den Weltmeisterschaften in Daegu ist groß. „Das letzte Angebot von ARD/ZDF lag für zwei WM bei sechs Millionen Euro, das ist so nicht akzeptabel, wenn die selben Sender für ein Fußball-Freundschaftsspiel den gleichen Preis bezahlen“, schimpfte Helmut Digel, deutscher Vorsitzender der Marketing-Kommission des Weltverbandes IAAF, in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.
Für die TV-Rechte an der WM vom 27. August bis 4. September in Daegu/Südkorea und zwei Jahre später in Moskau bekämen die Sender insgesamt 18 Tage live geboten, beim Fußball seien es gerade zweimal 45 Minuten. „Da hatte ich gar nicht die Möglichkeit, auf meinen Präsidenten Lamine Diack einzuwirken“, sagte Digel. „Wir wären bei einem unteren zweistelligen Millionen-Angebot bereit gewesen, die WM-Rechte zu vergeben.“
Statt der zunächst aufgerufenen 15 Millionen Euro hätte sich die schwedische Rechteagentur ICE, die im Auftrag der IAAF die TV-Lizenzen verkauft, wohl auch mit weniger als zwölf Millionen abgefunden, hieß es. „Die preislichen Vorstellungen lagen weit auseinander“, erklärte ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz und ließ sich doch noch ein Hintertürchen offen: „Wenn kurz vor Toresschluss noch ein neues Angebot kommen würde, wären wir bereit, noch mal zu reden.“
Auf jeden Fall wollen sich ARD/ZDF bemühen, die Rechte an einer Highlight-Berichterstattung von der WM zu erwerben. Die Finals beginnen um 12.00 Uhr deutscher Zeit. Offen ist, ob der Privatsender Eurosport in die Bresche springt und Rechte für eine Live-Übertragung für die 59 angeschlossenen Länder erwirbt. „Über Verhandlungen geben wir keine Auskunft“, erklärte Eurosport-Pressesprecherin Heike Gruner.
„Für den deutschen Sport wäre es natürlich ein Verlust, wenn die WM nicht live, auf welchem Kanal auch immer, zu sehen wäre. Dabei lege ich Wert auf frei empfangbares Fernsehen“, sagte Thomas Bach, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB).
„Es ist extrem schmerzlich. Welche Sendeauftrag hat das öffentlich-rechtliche Fernsehen eigentlich“, wetterte Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). In einem Brief an alle Intendanten hatte er noch versucht, eine Entscheidung pro WM-Übertragung zu erreichen - vergeblich. „Für den deutschen Zuschauer ist das ein Schlag ins Gesicht“, sagte er. Dabei hätten ARD/ZDF mit den Einschaltquoten von der Heim-WM 2009 in Berlin alle anderen Sportveranstaltungen geschlagen. „Die Zuschauer haben mit der Fernbedienung abgestimmt“, argumentierte Prokop.
Für Digel haben besonders die DLV-Athleten, die in Berlin und bei der EM 2010 in Barcelona in die Erfolgsspur zurückfanden, zu leiden. „Das Angebot von ARD/ZDF ist für die deutsche Leichtathletik-Nationalmannschaft eine Beleidigung“, meinte der Tübinger Sportsoziologe, der die WM als „ideales Fernsehprodukt“ bezeichnete. „Die Übertragung ist seit der WM in Helsinki 1983 immer eine schöne Sommer-Unterhaltung gewesen. Das haben die Deutschen genossen.“
Insgesamt wird die WM in rund 180 Länder übertragen. „Deutschland ist nur ein Problem. Aus Sicht der Welt-Leichtathletik ist es bedauerlich, aber Deutschland ist nicht die Welt“, sagte Digel. „Ich hoffe, dass die deutschen Athleten bei der WM die entsprechende Antwort mit guten Leistungen geben. Dann können ARD/ZDF nicht an der WM vorbei kommen und müssten teure Zweitrechte kaufen.“